Hälftige Haftungsverteilung nach Unfall zwischen Linksabbieger und Überholer

Bei Unfällen zwischen einem Linksabbieger und einem Überholer spielt die Haftungsverteilung eine entscheidende Rolle. Da dem Abbiegenden besondere Sorgfaltspflichten beim Abbiegevorgang zukommen, spricht der sogenannte „Anscheinsbeweis“ zunächst gegen den links abbiegenden Kraftfahrer. Das bedeutet, dass das Gericht aufgrund der Unfallumstände davon ausgeht, dass der nach links abbiegende Kraftfahrer seine im Verkehr zu beachtende Sorgfaltspflicht beim Abbiegen gemäß § 9 Abs. 1 StVO verletzt und daher den Unfall verschuldet hat. Der nach links abbiegende Kraftfahrer muss also Beweise vorbringen, die für ein ordnungsgemäßes Durchführen des Abbiegevorgangs sprechen. Da sich dies in der Regel als schwierig erweist, nehmen die Gerichte zumeist eine 100 % Haftung des Linksabbiegers in solchen Fällen an.

Es können sich aber auch Umstände ergeben, die eine Mithaftung des Überholenden zur Folge haben. Über einen solchen Fall hatte das LG Magdeburg in seinem Urteil vom 06.10.2011 (Az.: 10 O 1030/11) zu entscheiden. Dort hatte der Überholende im Bereich eines Bahnübergangs die die beiden Fahrbahnen trennende Mittellinie überfahren, die allerdings durchgezogen war (Zeichen 295 der StVO). Der Überholer stieß kurz darauf dann mit einem KfZ zusammen, welches in Begriff war, nach links in ein Grundstück abzubiegen.

Bei durchgehenden Linien besteht ein Überholverbot. Zudem dürfen im Bereich von Bahnübergängen gemäß § 19 Abs. 1 StVO andere Kraftfahrzeuge nicht überholt werden. In diesem Fall hätte hier also nicht überholt werden dürfen. Andererseits hat der Linksabbieger hier bei einer unklaren Verkehrslage den Abbiegevorgang eingeleitet. Da er keine gegenteiligen Angaben machen konnte, musste das Gericht aufgrund des Anscheinsbeweises davon ausgehen, dass sich der Linksabbieger gemäß § 9 Abs. 5 StVO nicht vergewissert hatte, ob eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war, als er zum Abbiegen ansetzte.

Insofern legte das Gericht den beiden Unfallbeteiligten eine gleichwiegende Haftungsverteilung zur Last und ging im Urteil daher von einer Haftungsquote zu je 50 % aus.

[info]Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in 10115 Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Fahrverbot u.a.) schnell und unbürokratisch.[/info]

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