Weiternutzungsfall beim Autounfall: Restwert ‚null‘, Gutachten und Versicherungsangebote einfach erklärt

Autounfall

Weiternutzungsfall: Restwert „null“ und Überangebot vom Versicherer – Was Geschädigte und Gutachter nach einem Autounfall wissen müssen – Unfall Berlin

Ein Verkehrsunfall ist oft der Auftakt zu einem rechtlichen Marathon. Ein aktueller Fall wirft dabei eine Vielzahl interessanter Fragen auf: Was passiert, wenn ein Schadengutachten den Restwert eines Fahrzeugs mit „null“ beziffert und der Versicherer dennoch ein Angebot von 2.100 Euro aus einer weit entfernten Stadt vorlegt? Ein Blick in die Details gibt Aufschluss.

Der Ausgangspunkt

Eine Leserin schildert: Nach einem Autounfall stellt der Gutachter fest, dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert (WBW) deutlich übersteigen. Er inseriert das Fahrzeug in einer Restwertbörse mit regionaler Begrenzung – das Ergebnis: kein Gebot. Folglich weist das Gutachten einen Restwert von null Euro aus. Der Versicherer jedoch präsentiert ein Angebot aus einer über 300 Kilometer entfernten Stadt – 2.100 Euro.

Der Geschädigte entscheidet sich nach dem Autounfall, sein Fahrzeug verkehrssicher zu machen und weiter zu nutzen. Nach sechs Monaten fordert er vorsichtshalber die 2.100 Euro vom Versicherer ein, doch dieser lehnt ab. Was nun?

1. Die Rechtslage bei Weiternutzung

Die Entscheidung des Geschädigten, das Fahrzeug weiter zu nutzen, bringt rechtlich eine Besonderheit mit sich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt es in solchen Fällen keinen „Überbietungswettlauf“. Maßgeblich ist der im Gutachten angegebene Restwert (BGH, VI ZR 120/06; VI ZR 217/06; VI ZR 318/08).

Anders verhält es sich bei der Abschaffung des Fahrzeugs. Hier darf der Geschädigte das Gutachten als Grundlage nehmen, der Versicherer kann jedoch ein überhöhtes Angebot geltend machen, solange das Fahrzeug noch nicht verkauft wurde (§ 254 Abs. 2 BGB). Im Weiternutzungsfall entfällt diese Verpflichtung, denn der Geschädigte repariert das Fahrzeug selbst und nutzt es weiter. Ein späteres Zurückgreifen auf Angebote des Versicherers ist nicht möglich, da diese meist zeitlich begrenzt sind.

2. „Sechs Monate“ – Mythos oder Realität?

Wie lange muss der Geschädigte sein Fahrzeug nach einem Autounfall weiter nutzen, um rechtlich abgesichert zu sein? Der BGH hat hier keine abschließende Entscheidung getroffen. Doch ein Blick in die bisherige Rechtsprechung zeigt, dass sechs Monate als ausreichend gelten (BGH, VI ZR 192/05). Die Dauer soll dokumentieren, dass der Geschädigte ein ernsthaftes Interesse an der Weiternutzung hat.

Praktisch betrachtet können die sechs Monate nach einem Autounfall  sinnvoll sein, da sie oftmals schneller vergehen, als der Versicherer oder die Gerichte entscheiden. Geschädigte, die ihre Weiternutzungsabsicht erklären, können jedoch die volle Entschädigung sofort verlangen, sofern kein Gegenbeweis durch den Versicherer erbracht wird (BGH, VI ZB 22/08).

3. Ist das „Null Euro“-Gutachten tragfähig?

Ein „null“-Restwert im Gutachten ist nicht per se problematisch – vorausgesetzt, der Gutachter hat nachvollziehbar gearbeitet. Die Rechtsprechung verlangt, dass der Geschädigte erkennen kann, wie der Gutachter zu diesem Ergebnis gekommen ist. Idealerweise benennt der Gutachter drei Angebote aus dem regionalen Markt und beschreibt seine Suche.

Im geschilderten Fall basiert das Gutachten lediglich auf einem Ergebnisblatt der Restwertbörse mit regionaler Begrenzung und einer kurzen Einstelldauer. Zwar ist das knapp, doch es genügt den Anforderungen, da der Gutachter das Lokalitätsgebot des BGH beachtet hat. Geschädigte können darauf vertrauen, dass dieses Vorgehen tragfähig ist.

4. Das Angebot des Versicherers: Rechtens oder nicht?

Der Versicherer argumentiert, dass sein Angebot über 2.100 Euro beachtet werden müsse. Dieses stammt jedoch aus einer Stadt in der Nähe der Grenze zu Polen, was in der Praxis oft der Fall ist, wenn Restwertbörsen ohne regionale Begrenzung genutzt werden. Der BGH lehnt solche Angebote ab, wenn sie für den Geschädigten unzumutbar sind (BGH, VI ZR 358/18).

Entscheidend ist, dass der Geschädigte das Fahrzeug nach einem Autounfall bei einem ortsnahen Händler in Zahlung geben kann – ein Punkt, den überregionale Restwertanbieter nicht erfüllen. Das OLG München bestätigt dies und sortiert Angebote von Restwertspezialisten aus, selbst wenn sie „örtlich“ erscheinen (OLG München, 10 U 516/22).

Fazit: Für Geschädigte und Gutachter

Dieser Fall zeigt, wie wichtig eine klare Dokumentation und fundierte Entscheidungen sind. Geschädigte sollten sich nicht von „Null Euro“-Gutachten oder überregionalen Angeboten verunsichern lassen. Kfz-Gutachter wiederum sollten ihre Recherche nachvollziehbar gestalten, um das Vertrauen der Geschädigten und der Gerichte zu sichern.

Letztlich bleibt der Grundsatz: Geschädigte nach einem Autounfall dürfen in eigener Regie über ihr Fahrzeug entscheiden – und das sollten sie selbstbewusst tun.

Fahrerflucht und Fahrerlaubnisentzug: Aktuelle Urteile, Schadensgrenzen und Verteidigungsstrategien

Fahrerflucht

Fahrerflucht und Fahrerlaubnisentziehung: Wie Gerichte über die Entziehung der Fahrerlaubnis entscheiden

Fahrerflucht – ein Moment der Panik, der gravierende rechtliche Konsequenzen haben kann. Doch wann genau droht die Entziehung der Fahrerlaubnis, und welche Umstände spielen dabei eine Rolle? Die Urteile zeigen: Es gibt Spielraum, und jeder Fall ist einzigartig.

Die Schadensgrenze: Kleiner Unterschied, große Wirkung

Ein bedeutender Schaden – ab wann ist dieser erreicht? Die Grenze ist nicht nur juristisch, sondern auch praktisch entscheidend. Das Landgericht Bielefeld hob in einem Beschluss vom 02.02.2024 (10 Qs 51/24) die Schadensgrenze auf 1.800 Euro an. Warum? Die allgemeine Preissteigerung und die Relation zu schwereren Unfallfolgen wie Verletzungen oder Tötungen erfordern eine Anpassung.

Im konkreten Fall lag der Schaden bei 1.675,38 Euro – knapp unter der Grenze. Das Gericht stellte klar: Ohne die Erreichung dieses Schwellenwerts ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht gerechtfertigt. Entscheidend bleibt jedoch stets der Einzelfall. Selbst geringere Schäden können relevant sein, wenn besondere Umstände vorliegen. Doch was bedeutet das für Beschuldigte? Sie haben eine echte Chance, wenn die Schadenshöhe zweifelhaft ist.

Moralische Fragen: Charakterliche Ungeeignetheit

Panik am Unfallort: Ein Moment des Fehlverhaltens muss nicht zwangsläufig zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Das AG Itzehoe entschied, dass ein Fahrer, der sich nach anfänglichem Entfernen freiwillig der Polizei stellt, keine charakterliche Ungeeignetheit zeigt. Ein Fall von Menschlichkeit, der Hoffnung macht.

Zeit heilt Verfehlungen? Die Rolle des zeitlichen Abstands

Kann Zeit ein Vergehen mildern? Das AG Bautzen meint: Ja. Sechs Monate ohne weitere Verstöße – das war ausschlaggebend für die Entscheidung, einem Berufskraftfahrer die Fahrerlaubnis nicht zu entziehen. Gerade für Menschen, die beruflich auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, kann der Faktor Zeit entscheidend sein.

Harte Fakten: Fahrlässige Körperverletzung und Unfallflucht

Ein Radfahrer, ein riskantes Überholmanöver, ein Unfall – und dann Fahrerflucht. Was wie ein klares Fehlverhalten klingt, wurde differenziert betrachtet. Das AG Bautzen entschied, dass der zeitliche Abstand und die berufliche Situation des Angeklagten für ihn sprachen. Hier zeigt sich: Selbst bei schwerwiegenden Vorwürfen gibt es Argumente, die zählen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Urteile lassen eines klar werden: Fahrerflucht ist kein Automatismus für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Jeder Fall erfordert eine genaue Prüfung der Umstände. Entscheidend sind:

  • Die Schadenshöhe: Liegt der Schwellenwert von 1.800 Euro vor oder darunter?
  • Das Verhalten nach der Tat: Ein freiwilliges Stellen bei der Polizei kann positiv bewertet werden.
  • Zeit ohne weitere Verstöße: Lange Zeiträume sprechen für den Beschuldigten.
  • Berufliche Abhängigkeit: Für Berufskraftfahrer zählt jede Entlastung doppelt.

Ein Fazit mit Perspektive

Fahrerflucht ist ein heikles Thema – doch die Rechtsprechung zeigt, dass es Hoffnung gibt. Mit der richtigen Verteidigungsstrategie können Beschuldigte ihre Fahrerlaubnis oft retten. Die Botschaft ist klar: Aufgeben ist keine Option. Nutzen Sie die Spielräume, die das Recht bietet.

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Verjährung Bußgeld: Alles Wichtige zu Rotlichtverstößen, Geschwindigkeit und Alkohol

Bußgeldbescheid

Verjährung Bußgeld: Was Sie wissen müssen (Rotlicht, Geschwindigkeit, Alkohol, Fahrerflucht)

Wer kennt es nicht? Nach einem Blitzerfoto bleibt die Hoffnung, dass kein Bußgeldbescheid ins Haus flattert. Diese Hoffnung ist nicht unbegründet, denn viele Bußgeldverfahren verjähren schnell. In diesem umfassenden Ratgeber klären wir, was Sie über die Verjährung von Bußgeldbescheiden wissen müssen und wie Sie Ihre Rechte geltend machen können. Nutzen Sie dieses Wissen, um unnötige Zahlungen zu vermeiden.

Was bedeutet Verjährung bei Bußgeldern?

Die Verjährung eines Bußgeldes bedeutet, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist keine rechtliche Verfolgung mehr möglich ist. Für Verkehrsverstöße regeln das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die genauen Fristen.

1. Verjährungsfristen bei Verkehrsverstößen: Rotlicht und Geschwindigkeit

Die Verfolgungsverjährung für Verstöße wie das Überfahren einer roten Ampel oder Geschwindigkeitsüberschreitungen beträgt grundsätzlich drei Monate. Gemäß § 26 Absatz 3 StVG beginnt die Frist am Tag des Verkehrsverstoßes.

Beispiel für die Berechnung der Verjährung

Ein Verstoß am 30.06.2024 bedeutet, dass die Verjährung am 29.09.2024 endet. Wichtig: Es zählt das Ausstellungsdatum des Bußgeldbescheides. Wird der Bescheid jedoch erst mehr als zwei Wochen nach der Ausstellung zugestellt, ist der Zugang entscheidend.

Unterbrechung der Verjährung durch Anhörungsbogen

Ein Anhörungsbogen unterbricht die Verjährung, und die Frist beginnt von neuem. Maximal kann die Verjährung dann sechs Monate betragen. Entscheidend ist, dass der Anhörungsbogen eine konkrete Person und Tat nennt.

Gemäß § 33 OWiG gibt es weitere Gründe für eine Unterbrechung der Verjährung, darunter:

  • Vorläufige Einstellung des Verfahrens
  • Behördeninterne Vorgänge
  • Ermittlungen zur Adressklärung

Nur ein Anwalt kann nach Akteneinsicht prüfen, ob Verjährung eingetreten ist.

2. Verjährung Bußgeld

Nach Ausstellung eines Bußgeldbescheides beträgt die Verjährung sechs Monate. Wird innerhalb dieser Frist Einspruch eingelegt, beginnt die Frist erneut. Erfolgt keine Bearbeitung oder kein Vollstreckungsbescheid, verjährt der Bescheid.

Vollstreckungsverjährung bei Bußgeldern

  • Bußgeld bis 1.000 Euro: Verjährung nach drei Jahren
  • Bußgeld über 1.000 Euro: Verjährung nach fünf Jahren

3. Verjährung Bußgeld bei Fahrerflucht und Alkohol am Steuer

Fahrerflucht

Fahrerflucht (§ 142 StGB) ist eine Straftat. Die Verjährung richtet sich nach dem Höchstmaß der Strafe. Bei einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.

Alkohol am Steuer

  • Ordnungswidrigkeit: Blutalkoholwert zwischen 0,5‰ und 1,09‰ ohne Ausfallerscheinungen. Verjährung: zwei Jahre.
  • Straftat: Ab 1,1‰ Blutalkoholwert oder bei Ausfallerscheinungen gilt eine Verjährung von bis zu fünf Jahren.

4. Was tun bei einem verjährten Bußgeldbescheid?

Ein verjährter Bußgeldbescheid wird rechtskräftig, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt wird. Selbst bei eingetretener Verjährung müssen Betroffene aktiv werden.

Tipp: Prüfen Sie bei Erhalt eines Bußgeldbescheides immer das Ausstellungsdatum und lassen Sie die Verjährung von einem Anwalt beurteilen.

5. Fazit zum Thema Verjährung Bußgeld: So setzen Sie Ihre Rechte durch

  • Kurze Fristen beachten: Verkehrsverstöße wie Rotlicht und Geschwindigkeit verjähren meist nach drei Monaten.
  • Unterbrechungen berücksichtigen: Anhörungsbögen oder andere behördliche Maßnahmen setzen die Verjährung zurück.
  • Längere Fristen bei Straftaten: Fahrerflucht und schwere Alkoholverstöße haben Verjährungsfristen von bis zu fünf Jahren.
  • Rechtsbeistand einholen: Nur ein Anwalt kann nach Akteneinsicht eindeutig klären, ob eine Verjährung vorliegt.

Mit diesem Wissen rund um die Verjährung von Bußgeldbescheiden können Sie Ihre Rechte aktiv wahren. Nutzen Sie die Möglichkeiten und vermeiden Sie unnötige Kosten durch ein rechtzeitiges Handeln!

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Rettungskostenersatz bei Wildunfällen

Rettungskostenersatz bei Wildunfällen: Urteil des Saarländischen OLG setzt Meilenstein für Versicherungsnehmer

Wildunfälle stellen im Verkehrsrecht eine häufige und oft komplexe Problemstellung dar, insbesondere wenn es um die Regulierung von Schäden durch Versicherer geht. Ein wegweisendes Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 23. November 2022 (Az. 5 U 120/21) hat die Rechte von Versicherungsnehmern gestärkt und dabei die Bedeutung des Rettungskostenersatzes gemäß §§ 83, 90 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in den Vordergrund gerückt.

Das Urteil zeigt, dass auch Maßnahmen zur Vermeidung eines Wildunfalls durch die Versicherung erstattungsfähig sein können, selbst wenn es nicht zu einem direkten Zusammenstoß mit einem Tier kommt. Für Versicherungsnehmer bietet das Urteil wichtige Orientierung, insbesondere bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber ihrer Teilkaskoversicherung.


Der Sachverhalt: Wildunfall ohne direkten Zusammenstoß

Der Kläger, ein Motorradfahrer, war mit seinem Sohn auf einer Landstraße in Frankreich unterwegs. Während der Fahrt erkannte er in einer Rechtskurve mehrere Rehe, die sich am Straßenrand aufhielten und offenbar im Begriff waren, die Straße zu überqueren. Um eine Kollision zu vermeiden, wich der Kläger reflexartig nach links aus. Dabei geriet er auf den Grünstreifen und stürzte.

Durch den Sturz entstanden Schäden am Motorrad sowie an der Motorradbekleidung des Klägers und seines Sohnes. Die Reparaturkosten für das Motorrad beliefen sich auf über 3.500 Euro netto, während die beschädigte Motorradkleidung einen Zeitwert von ca. 2.500 Euro hatte. Der Kläger machte diese Schäden gegenüber seiner Teilkaskoversicherung geltend, die Regulierung wurde jedoch verweigert. Die Versicherung argumentierte, dass gemäß den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) ein direkter Zusammenstoß mit Wildtieren erforderlich sei, um Ansprüche geltend machen zu können.

Der Kläger berief sich hingegen auf den Rettungskostenersatz gemäß § 83 VVG. Seine Argumentation: Das Ausweichmanöver war eine gebotene Maßnahme zur Vermeidung eines drohenden Versicherungsfalls und die dabei entstandenen Schäden seien von der Versicherung zu ersetzen.


Rechtsfragen: Voraussetzungen des Rettungskostenersatzes

Das OLG Saarbrücken setzte sich im Berufungsverfahren intensiv mit den rechtlichen Voraussetzungen des Rettungskostenersatzes auseinander. Dabei wurden insbesondere folgende Fragen behandelt:

  1. Wann besteht Anspruch auf Rettungskostenersatz? Nach § 83 Abs. 1 VVG sind Aufwendungen des Versicherungsnehmers, die zur Abwendung oder Minderung eines drohenden Versicherungsfalls notwendig sind, erstattungsfähig. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahmen erfolglos bleiben. Gemäß § 90 VVG sind diese Vorschriften auch im Bereich der Sachversicherung, wie der Teilkaskoversicherung, anwendbar.
  2. Ist ein Zusammenstoß zwingend erforderlich? Das Gericht stellte klar, dass ein Rettungskostenersatz auch dann in Betracht kommt, wenn kein direkter Zusammenstoß mit dem Tier stattgefunden hat. Entscheidend ist, dass das Ausweichmanöver objektiv zur Vermeidung eines drohenden Versicherungsfalls geboten war.
  3. Welche Beweise müssen Versicherungsnehmer erbringen? Der Versicherungsnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Rettungshandlung. Dazu gehören insbesondere die Glaubhaftmachung des drohenden Versicherungsfalls und der Gebotenheit der ergriffenen Maßnahmen.
  4. Zählen auch reflexartige Handlungen? Das OLG betonte, dass auch reflexartige Ausweichmanöver als Rettungshandlung anerkannt werden können, solange sie objektiv der Schadensvermeidung dienen. Ein subjektiver „Rettungswille“ des Versicherungsnehmers ist hierfür nicht erforderlich.

Das Urteil des OLG Saarbrücken

Das Saarländische OLG wies die Berufung der Versicherung zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der Kläger hatte Anspruch auf Ersatz der Netto-Reparaturkosten für das Motorrad sowie der Zeitwerte der beschädigten Motorradkleidung. Die zentralen Punkte der Entscheidung:

  1. Gebotenheit des Ausweichmanövers: Das Gericht bewertete das Ausweichmanöver des Klägers als objektiv geboten. In der konkreten Situation bestand die Gefahr eines Zusammenstoßes mit den Rehen, deren Verhalten unvorhersehbar war. Das Ausweichmanöver war daher angemessen und erforderlich, um einen drohenden Versicherungsfall zu verhindern.
  2. Glaubwürdigkeit der Schilderung: Die Aussagen des Klägers und seines Sohnes überzeugten das Gericht. Beide schilderten die Situation am Unfallort konsistent und nachvollziehbar. Die Darstellung wurde zudem durch die örtlichen Gegebenheiten und die Aussage eines Landwirts gestützt, der Wildwechsel in der Region bestätigte.
  3. Keine weiteren Gutachten erforderlich: Das Gericht sah keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Die Einwände der Versicherung, das Ausweichmanöver sei technisch nicht plausibel, wurden zurückgewiesen. Das Gericht argumentierte, dass solche hypothetischen Überlegungen keine ausreichende Grundlage für die Ablehnung der Ansprüche bieten.
  4. Höhe des Schadens: Das Gericht erkannte die geltend gemachten Schäden als angemessen an. Die Reparaturkosten des Motorrads wurden auf Basis eines Gutachtens bestimmt, während die Zeitwerte der Motorradkleidung unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 Prozent geschätzt wurden.

Relevanz des Urteils für Versicherungsnehmer

Das Urteil des Saarländischen OLG ist ein wichtiger Meilenstein im Bereich des Verkehrs- und Versicherungsrechts. Es zeigt, dass:

  • Versicherungsnehmer auch bei Wildunfällen ohne direkten Zusammenstoß Ansprüche auf Rettungskostenersatz geltend machen können.
  • Reflexartige Ausweichmanöver als Rettungshandlungen anerkannt werden, wenn sie objektiv der Schadensvermeidung dienen.
  • Versicherer nicht allein aufgrund des Fehlens eines Zusammenstoßes die Regulierung verweigern dürfen.

Für Versicherte, insbesondere Motorradfahrer, die bei Wildwechseln ein erhöhtes Risiko tragen, bietet das Urteil eine starke rechtliche Grundlage, um Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen.


Unsere Kanzlei – Ihr Partner für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht

Haben Sie selbst einen Wildunfall erlebt oder Streit mit Ihrer Versicherung wegen einer Schadensregulierung? Unsere Kanzlei ist auf Verkehrsrecht und Versicherungsrecht spezialisiert. Wir prüfen Ihren Fall, setzen Ihre Ansprüche durch und unterstützen Sie bei der Kommunikation mit Versicherungen.

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Nach einem Unfall: Jetzt Ansprüche sichern – Rechtsanwalt Verkehrsrecht

Verkehrsunfall geöffnete Autotür Unfall

Verkehrsunfall? Ihre Ansprüche nach einem Unfall sichern – Wir helfen sofort!

Ein Verkehrsunfall bringt viele Unsicherheiten mit sich: Was ist zu tun? Welche Rechte habe ich? Unsere spezialisierten Rechtsanwälte für Verkehrsrecht stehen Ihnen zur Seite und übernehmen die komplette Schadensregulierung – damit Sie sich keine Sorgen machen müssen. Bei einem unverschuldeten Unfall übernimmt die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten der anwaltlichen Vertretung, so dass Ihnen keine Kosten entstehen. 


Das Wichtigste nach einem Unfall: Erste Schritte

  1. Unfallstelle absichern:Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Warndreieck aufstellen.
    • Auf Autobahnen: Hinter der Leitplanke warten.
  2. Notruf absetzen:Europaweite Notrufnummer 112: Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst verständigen.
  3. Erste Hilfe leisten:Bewusstlose Personen in stabile Seitenlage bringen oder Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten.
  4. Polizei verständigen, wenn:Hoher Sachschaden, Personenschaden oder Verdacht auf Straftaten (Alkohol, Drogen) vorliegen.
  5. Unfall dokumentieren:Fotos machen, Kennzeichen, Versicherungsdaten und Zeugen notieren.
    • Bei Auslandsunfällen: Europäischen Unfallbericht verwenden.
  6. Unfall der Versicherung melden:Sofort die eigenen Rechte sichern, indem Sie uns als Anwalt einschalten.

Warum anwaltliche Unterstützung direkt nach dem Unfall wichtig ist

Die Kommunikation mit der gegnerischen Versicherung kann kompliziert sein. Fehler können dazu führen, dass Sie:

  • Unbeabsichtigt Schuld eingestehen.
  • Auf Schadensersatzansprüche verzichten.
  • Nachteile bei der Haftungsprüfung erleiden.

Mit uns an Ihrer Seite stellen Sie sicher, dass Sie alle Ansprüche geltend machen und keine Fehler passieren.


Unsere Leistungen bei Totalschaden, Reparaturkosten und Schadensregulierung

Ein Unfall verursacht oft erhebliche Kosten. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche:

  • Totalschaden: Wir klären den Wiederbeschaffungswert und Restwert und sorgen für eine faire Regulierung.
  • Reparaturschäden: Egal ob konkrete Reparaturkosten oder fiktive Schadensabrechnung – wir schützen Sie vor Kürzungen durch die Versicherung.

Wussten Sie? Selbst wenn Reparaturkosten bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen, können Sie das Fahrzeug reparieren lassen. Wir prüfen Ihren Fall individuell und setzen uns für Ihre Rechte ein.


Schmerzensgeld und weitere Ansprüche

Nach Personenschäden haben Sie Anspruch auf mehr als nur Schadensersatz. Unsere Unterstützung umfasst:

  • Schmerzensgeld: Wir berechnen eine faire Entschädigung basierend auf Verletzungsgrad und Heilungsverlauf.
  • Haushaltsführungsschaden: Ersatz für eingeschränkte Haushaltsfähigkeit oder die Kosten einer Hilfskraft.
  • Fahrt- und Behandlungskosten: Alle unfallbedingten Kosten machen wir geltend.

Ihre Vorteile mit unserer Kanzlei

  1. Komplette Schadensabwicklung: Wir übernehmen die gesamte Kommunikation und Organisation – von der Haftungsprüfung bis zur Schadensregulierung.
  2. Höherer Schadensersatz: Studien zeigen, dass Geschädigte mit anwaltlicher Unterstützung deutlich mehr erhalten.
  3. Schnelle Hilfe: Unser erfahrenes Team sorgt für eine zügige und reibungslose Abwicklung.
  4. Die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernimmt bei unverschuldeten Verkehrsunfällen immer die gegnerische Haftpflichtversicherung. Ihnen entstehen keine Kosten. 

Antworten auf die wichtigsten Fragen nach einem Unfall

  • Habe ich Anspruch auf einen Mietwagen?
  • Wann zahlt die Versicherung?
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Unsere Anwälte stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung, um diese und andere Fragen zu beantworten.


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Unfall beim Wenden: Haftung und Mitverschulden klären

Unfall beim Wenden: PKW-KOLLISION: Haftung bei Unfall mit einem verkehrswidrig wendenden Auto

Verkehrsunfälle gehören zu den häufigsten Streitpunkten im Verkehrsrecht. Besonders komplex wird es, wenn ein Fahrzeug verkehrswidrig auf der Straße wendet und dabei eine Kollision verursacht. Das Landgericht (LG) Hanau hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass beide beteiligten Fahrer eine Mitschuld von jeweils 50 % tragen können – auch der Fahrer, der scheinbar unschuldig in das querstehende Fahrzeug hineingefahren ist.

Der Fall: Unfall durch verkehrswidriges Wenden

Ein Autofahrer wollte auf der Straße verbotswidrig wenden. Während des Wendemanövers hielt er quer auf seiner Fahrbahn an, weil Gegenverkehr herrschte. Ein zweiter Autofahrer näherte sich dem stehenden Fahrzeug auf derselben Fahrbahn. Obwohl er das Hindernis frühzeitig bemerkte und seine Geschwindigkeit verringerte, kam es zu einer Kollision. Der Fahrer des wendenden Fahrzeugs übernahm zunächst 50 % des Schadens. Der zweite Fahrer war jedoch der Ansicht, dass die Schuld vollständig beim Wenden des anderen lag, und verlangte die Erstattung der restlichen Schadenskosten.

Das Urteil: Mitverschulden durch mangelnde Rücksichtnahme

Das LG Hanau wies diese Forderung zurück. Nach Ansicht des Gerichts traf beide Verkehrsteilnehmer eine Mitschuld:

  1. Fehlverhalten des wendenden Fahrers: Der Fahrer des ersten Fahrzeugs handelte eindeutig verkehrswidrig, indem er auf der Straße wendete und sein Fahrzeug quer auf der Fahrbahn stehen ließ. Der Unfall beim Wenden spricht gegen den Wendenden.
  2. Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot: Der zweite Autofahrer hätte die Möglichkeit gehabt, durch vollständiges Anhalten die Kollision zu verhindern. Stattdessen vertraute er darauf, dass der Wendende die Fahrbahn räumen würde, und fuhr in das stehende Fahrzeug hinein. Dies stellt einen Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot dar (§ 1 StVO).

Das Gericht wertete die Fehlverhalten beider Fahrer als gleich schwer und legte eine Haftungsteilung von 50:50 fest. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Was bedeutet das für Autofahrer? Unfall beim Wenden:

Dieses Urteil zeigt, dass auch bei eindeutig verkehrswidrigem Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers besondere Sorgfaltspflichten gelten. Autofahrer sollten immer darauf vorbereitet sein, ein Fahrzeug durch vollständiges Abbremsen zu vermeiden – auch wenn es sich im Unrecht befindet.

Haben Sie Fragen zu Haftungsfragen oder benötigen rechtlichen Beistand nach einem Unfall? Unsere Kanzlei steht Ihnen mit umfassender Expertise im Verkehrsrecht zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung!

Urteil mit Signalwirkung: Linksabbieger trägt volle Verantwortung

Schadenregulierung Verkehrsunfall vorschaden linksabbiegen

Urteil des Landgerichts Berlin – Ein Lehrstück zur Haftung beim Linksabbiegen

Eine Analyse des Urteils vom 28.06.2023 – Az.: 46 O 155/22


Einleitung: Verkehrsunfall und die Frage der Haftung

Verkehrsunfälle beim Linksabbiegen gehören zu den häufigsten Konfliktpunkten im Straßenverkehr. Besonders problematisch wird es, wenn ein Linksabbieger mit einem überholenden Fahrzeug kollidiert. In solchen Fällen entscheidet oft die genaue Analyse der Umstände über die Haftungsfrage. Das Landgericht Berlin hatte im Fall Az.: 46 O 155/22 eine solche Situation zu beurteilen – mit einem Ergebnis, das die Bedeutung von Sorgfaltspflichten eindrucksvoll unterstreicht.


Der Fall: Linksabbiegen in Berlin

Am 25. Februar 2021 ereignete sich der Unfall: Der Kläger befuhr eine Straße in Berlin und wollte als Spitzenfahrzeug einer Kolonne nach links abbiegen. Hinter ihm befanden sich weitere Fahrzeuge, darunter auch das spätere Beklagtenfahrzeug. Dieses überholte die Kolonne links, während der Kläger in die Abbiegespur einfuhr. Die Folge: eine Kollision. Der Kläger wurde verletzt, sein Fahrzeug beschädigt.

Der Kläger forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld in erheblichem Umfang – unter anderem für Nutzungsausfall, Gutachterkosten und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte, deren Fahrzeug haftpflichtversichert war, hatte bereits auf Basis einer Quote von 2/3 gezahlt, wies jedoch die restlichen Forderungen zurück. Der Grund: Der Kläger habe selbst grob fahrlässig gehandelt.


Das Urteil: Klage abgewiesen

Das Landgericht Berlin entschied gegen den Kläger und wies die Klage vollständig ab. Warum? Die Entscheidungsgründe offenbaren eine akribische Bewertung der Verkehrssituation und des Verhaltens der Beteiligten.

1. Pflichtverletzungen des Klägers

Das Gericht stellte fest, dass der Kläger mehrfach gegen die Sorgfaltspflichten gemäß § 9 StVO verstoßen hat. Besonders schwer wogen zwei Punkte:

  • Fehlende Rückschau:
    Der Kläger hatte weder vor dem Einordnen noch vor dem Abbiegen eine Rückschau durchgeführt. Insbesondere eine zweite Rückschau – kurz vor dem eigentlichen Manöver – war unterblieben.
  • Unzureichendes Blinken:
    Nach eigenen Angaben des Klägers hatte er „geblinkt und sofort abgebogen“. Ein solches Verhalten genügt den Anforderungen an eine rechtzeitige und deutliche Ankündigung der Fahrabsicht nicht.

2. Der Anscheinsbeweis gegen den Linksabbieger

Das Gericht betonte, dass ein Anscheinsbeweis grundsätzlich gegen den Linksabbieger spricht, wenn es zu einer Kollision mit einem Überholer kommt. Der Kläger konnte diesen nicht entkräften.

Besonders überzeugend war die Aussage einer Zeugin, die den Überholvorgang beobachtet hatte. Sie bestätigte, dass das Beklagtenfahrzeug bereits überholte, als der Kläger seinen Abbiegevorgang einleitete.

3. Kein Verschulden des Überholers

Das Beklagtenfahrzeug traf nach Ansicht des Gerichts keine Schuld:

  • Das Überholen war rechtmäßig, da der Kläger seine Abbiegeabsicht nicht rechtzeitig angezeigt hatte.
  • Eine unklare Verkehrslage, die das Überholen verboten hätte, lag ebenfalls nicht vor.

Die Konsequenzen: Wer trägt die Verantwortung?

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger die alleinige Verantwortung für den Unfall trägt. Sein Fehlverhalten wog so schwer, dass selbst die allgemeine Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht berücksichtigt wurde.


Warum dieses Urteil wichtig ist

Das Urteil des Landgerichts Berlin ist ein Lehrstück für die Praxis. Es verdeutlicht:

  1. Die Sorgfaltspflichten beim Linksabbiegen sind essenziell.
    Doppelte Rückschau, rechtzeitiges Blinken und ein sorgfältiger Blick auf den nachfolgenden Verkehr sind unerlässlich.
  2. Anscheinsbeweis im Straßenverkehr:
    Wer nach links abbiegt und einen Unfall verursacht, hat die Beweislast, dass er alle Pflichten erfüllt hat.
  3. Keine leichte Entschuldigung für Fehler:
    Selbst in Situationen, die auf den ersten Blick kompliziert erscheinen – etwa beim Überholen einer Kolonne – wird erwartet, dass Verkehrsteilnehmer ihre Pflichten strikt einhalten.

Fazit: Aufmerksamkeit und Sorgfalt sind unverzichtbar

Das Urteil zeigt, dass Fehler beim Linksabbiegen weitreichende Konsequenzen haben können. Für Geschädigte wie den Kläger bedeutet dies: Eine erfolgreiche Klage setzt voraus, dass man sich selbst fehlerfrei verhalten hat – und dies auch beweisen kann.

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Haftung beim Einfahren: Wer zahlt, wenn ein Radfahrer falsch fährt?

Wer haftet bei einem Zusammenstoß mit einem falsch fahrenden Radfahrer?

Das Landgericht Hanau hat in einem interessanten Fall entschieden, dass Autofahrer beim Einfahren von einem Grundstück in den Straßenverkehr besonders achtsam sein müssen – selbst wenn der Unfallgegner, wie in diesem Fall eine Radfahrerin, gegen Verkehrsregeln verstößt. Lesen Sie hier, warum die Autofahrerin für den Schaden allein haften musste.


Der Unfallhergang

Eine Autofahrerin wollte mit ihrem Pkw von einem Grundstück auf eine Straße einfahren. Durch parkende Fahrzeuge war ihre Sicht auf die Fahrbahn stark eingeschränkt. Auf der Hauptfahrbahn näherte sich zeitgleich eine Radfahrerin, die den kombinierten Rad- und Fußweg, der an der Unfallstelle vorgeschrieben war, nicht nutzte. Stattdessen fuhr sie auf der Straße. Es kam zur Kollision: Das Fahrrad stieß gegen die linke vordere Seite des Pkw.

Die Autofahrerin forderte daraufhin Schadenersatz von der Radfahrerin und argumentierte, dass diese durch die Nichtnutzung des Radwegs ein Mitverschulden an dem Unfall trage.


Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Hanau wies die Klage der Autofahrerin zunächst ab. Auch die Berufung vor dem Landgericht Hanau hatte keinen Erfolg.

Begründung:

Die Autofahrerin habe gegen das in § 10 StVO verankerte Sorgfaltsgebot verstoßen, das beim Einfahren aus Grundstücken gilt. Dieses verpflichtet den Einfahrenden dazu, die Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer sicherzustellen – unabhängig davon, ob diese sich regelkonform verhalten.

Ein Mitverschulden der Radfahrerin wurde ausdrücklich verneint, obwohl sie den Radweg entgegen § 2 Abs. 4 StVO nicht benutzt hatte.


Warum keine Mitschuld der Radfahrerin?

Die Entscheidung basiert auf einem wichtigen Grundsatz: Die Pflicht zur Nutzung von Radwegen dient dem Schutz der Radfahrer – nicht dem Schutz von Autofahrern, die aus Grundstücken einfahren. Selbst wenn die Radfahrerin den Radweg genutzt hätte, hätte dies den Unfall nicht sicher verhindert, da sich die Kollisionsstelle lediglich verschoben hätte.


Das bedeutet das Urteil für Autofahrer

Wer von einem Grundstück auf die Straße einfährt, trägt eine hohe Verantwortung. Die Gerichte legen hier den Fokus auf die Sorgfaltspflicht des Einfahrenden. Selbst wenn der Unfallgegner Verkehrsregeln missachtet, entbindet dies den Einfahrenden nicht von seiner eigenen Pflicht, die Straße nur dann zu befahren, wenn keine Gefahr für andere besteht.


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Fahrerflucht: Ihre Rechte, Konsequenzen und effektive Verteidigung

Fahrerflucht

Fahrerflucht – Was tun, wenn der Vorwurf im Raum steht?

Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit oder ein kleiner Missgeschick, und schon droht der Vorwurf der Fahrerflucht. Schnell kann ein solcher Vorfall weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Doch was bedeutet Fahrerflucht genau, welche Folgen drohen, und wie sollten Betroffene handeln?

Was gilt als Fahrerflucht?

Fahrerflucht, auch als „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ bezeichnet, ist in § 142 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, ohne den gesetzlichen Pflichten nachzukommen, z. B.:

  • Angaben zur Person und zum Fahrzeug zu machen, oder
  • eine angemessene Zeit zu warten, wenn kein Ansprechpartner vor Ort ist.

Selbst bei vermeintlich geringfügigen Sachschäden, etwa auf einem Parkplatz, kann der Vorwurf der Fahrerflucht im Raum stehen, wenn der Vorfall nicht gemeldet wird.

Mögliche Konsequenzen bei Fahrerflucht

Ein solcher Vorwurf kann gravierende Folgen haben, sowohl strafrechtlich als auch verkehrsrechtlich:

  1. Strafrechtliche Folgen:
    • Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre, abhängig von der Schwere des Vorfalls.
    • Eintrag ins Führungszeugnis bei schwerwiegenden Fällen.
  2. Verkehrsrechtliche Folgen:
    • Punkte in Flensburg (mindestens 2).
    • Fahrverbot oder Entzug der Fahrerlaubnis (mindestens 6 Monate).
  3. Zivilrechtliche Konsequenzen:
    • Regressforderungen der Versicherung, wenn diese aufgrund der Fahrerflucht die Schadensregulierung ablehnt.

Wie sollten Betroffene reagieren?

Ein Vorwurf der Fahrerflucht kann überwältigend sein. Daher ist es entscheidend, von Anfang an richtig zu handeln:

  1. Schweigen bewahren: Machen Sie keine voreiligen Aussagen gegenüber der Polizei oder Dritten.
  2. Rechtsbeistand suchen: Kontaktieren Sie sofort einen spezialisierten Anwalt, der Ihre Rechte vertritt und Akteneinsicht beantragt.
  3. Beweise sichern: Fotografieren Sie den Unfallort und dokumentieren Sie, was passiert ist.
  4. Versicherung informieren: Melden Sie den Vorfall Ihrer Kfz-Versicherung, aber vermeiden Sie Schuldeingeständnisse.

Ihre Verteidigung bei Fahrerflucht – Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner

Die Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner ist seit über 20 Jahren auf Verkehrsrecht spezialisiert und bietet kompetente Unterstützung bei Vorwürfen der Fahrerflucht. Unser Team aus erfahrenen Rechtsanwälten prüft die Sachlage gründlich, setzt sich für Ihre Rechte ein und entwickelt eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie.

Unsere Leistungen:

  • Verteidigung im Strafverfahren und Prüfung der Beweislage.
  • Unterstützung bei der Kommunikation mit Versicherungen.
  • Strategien zur Vermeidung von Fahrverboten oder Fahrerlaubnisentzügen.

Warum Prof. Dr. Streich & Partner?
Mit Hauptsitz in Berlin Mitte und einer Zweigstelle in Eschwege sind wir bundesweit tätig. Unsere Philosophie: schnelle, klare und effiziente Lösungen für unsere Mandanten.

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Fahrerflucht ist kein Kavaliersdelikt – wir kämpfen für Ihr Recht!

§ 23 StVO: Nutzung elektronischer Geräte im Straßenverkehr – Was Sie beachten müssen

Handyverstoß

Die Nutzung elektronischer Geräte im Straßenverkehr: Anforderungen aus § 23 StVO

Mit § 23 StVO setzt der Gesetzgeber klare Grenzen für die Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dabei sind insbesondere die Absätze 1a und 1b von zentraler Bedeutung. Diese Vorschriften betreffen sowohl mobile als auch fest verbaute elektronische Geräte und enthalten strikte Vorgaben, die Fahrzeugführende unbedingt beachten müssen.

Die wesentlichen Regelungen in § 23 Abs. 1a StVO

Nach § 23 Abs. 1a StVO darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient, während der Fahrt nur genutzt werden, wenn:

  1. Das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird (§ 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 1 StVO).
  2. Die Bedienung des Geräts erfolgt:
    • Entweder durch eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion (§ 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 2a StVO),
    • oder mit einer kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissenangepassten Blickzuwendung (§ 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 2b StVO).

Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Aufmerksamkeit der Fahrenden auf das Verkehrsgeschehen gerichtet bleibt und keine Gefahr durch Ablenkung entsteht. Als elektronische Geräte gelten gemäß § 23 Abs. 1a S. 2 StVO unter anderem Mobiltelefone, Navigationsgeräte, Berührungsbildschirme (Touchscreens) sowie Geräte zur Unterhaltungselektronik.

Besondere Einschränkungen nach § 23 Abs. 1b StVO

Darüber hinaus regelt § 23 Abs. 1b StVO, dass visuelle Ausgabegeräte, die das Sichtfeld des Fahrzeugführers beeinträchtigen könnten – wie beispielsweise Videobrillen – grundsätzlich nicht genutzt werden dürfen. Eine Ausnahme besteht lediglich für fahrzeugbezogene oder fahrtbegleitende Informationen, die über eine Sichtfeldprojektion angezeigt werden. Dies verdeutlicht, dass die Verkehrssicherheit stets Vorrang vor dem Komfort oder der Funktionalität elektronischer Geräte hat.

Der Beschluss des OLG Karlsruhe: Touchscreens und § 23 StVO

Im Beschluss des OLG Karlsruhe vom 27.03.2020 (1 Rb 36 Ss 832/19) wurde entschieden, dass ein fest verbauter Berührungsbildschirm (Touchscreen) in einem Tesla ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO darstellt. Der Fahrzeugführer hatte den Touchscreen genutzt, um die Intervallgeschwindigkeit des Scheibenwischers anzupassen. Dabei wurde festgestellt, dass die erforderliche Blickzuwendung länger dauerte, als es die Verhältnisse zuließen. Dies führte zu einem Unfall.

Das Gericht stellte klar:

  1. Auch fahrzeugtechnische Funktionen, die über Touchscreens bedient werden, unterliegen den Vorschriften des § 23 Abs. 1a StVO.
  2. Eine kurze Blickzuwendung, wie sie § 23 Abs. 1a S. 1 Nr. 2b StVO fordert, war in diesem Fall nicht gegeben. Der Fahrer wurde daher wegen eines Verstoßes gegen die Vorschrift zu einer Geldbuße von 200 € und einem Fahrverbot verurteilt.

Was bedeutet das für Fahrzeugführende?

Die Entscheidung zeigt, dass auch fest verbaute Bedienelemente, wie Touchscreens, nicht ohne Weiteres genutzt werden dürfen, wenn dies eine längere Ablenkung vom Verkehrsgeschehen bedeutet. Die Bedienung sollte entweder vollständig sprachgesteuert erfolgen oder so gestaltet sein, dass nur kurze und der Situation angepasste Blickzuwendungen notwendig sind.

Fahrzeugführende müssen sich bewusst sein, dass jede Ablenkung potenziell gefährlich ist – unabhängig davon, ob sie durch ein Mobiltelefon, ein Navigationsgerät oder einen Touchscreen verursacht wird. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO und die hierzu ergangene Rechtsprechung sollen helfen, diese Gefahren zu minimieren.

Fazit

§ 23 StVO enthält detaillierte Anforderungen an die Nutzung elektronischer Geräte im Straßenverkehr, die sowohl mobile als auch fest verbaute Systeme betreffen. Der Gesetzgeber verlangt, dass der Fokus der Fahrenden auf der Verkehrssituation bleibt und unnötige Ablenkungen vermieden werden. Insbesondere bei der Bedienung von Touchscreens oder anderen elektronischen Geräten sind die Anforderungen an kurze und angepasste Blickzuwendungen strikt zu beachten.

Haben Sie Fragen zu einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen § 23 StVO oder möchten Sie eine Verteidigung aufbauen, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

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