Mietwagen-Unfall: Warum grobe Fahrlässigkeit zur Haftung führt

Grobe Fahrlässigkeit auf der linken Spur: OLG Nürnberg füllt Lücke im Mietwagen – Recht

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit seinem Urteil (Az.: 13 U 1296/17) eine weitreichende Entscheidung getroffen, die Mietwagen – Nutzer und Autovermieter gleichermaßen betrifft. Im Kern geht es um die Frage: Kann eine vertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung entfallen, wenn sich der Fahrer grob fahrlässig verhält? Die Antwort des Gerichts ist eindeutig – ja: Und zwar insbesondere dann, wenn der Fahrer durch eigenes Fehlverhalten das Unfallrisiko erheblich erhöht hat.

Der Fall: Ein Moment der Ablenkung mit teuren Konsequenzen

Folgender Sachverhalt: Der Beklagte fuhr am 19. April 2015 mit einem hochmotorisierten Mietwagen, einem Mercedes-Benz CLS 63 AMG, auf der Autobahn. Während der Fahrt bediente er das Infotainmentsystem des Fahrzeugs, um Informationen abzurufen. In dieser Situation verlor er die Kontrolle über das Auto, geriet auf der linken Spur von der Fahrbahn ab und kollidierte mit der Mittelleitplanke.

Die Autovermietung, die das Fahrzeug an den Mieter (nicht den Beklagten) vermietet hatte, forderte daraufhin Schadenersatz in Höhe von 50 % des gesamten Schadens. Der Beklagte argumentierte jedoch, dass er lediglich 130 km/h gefahren sei und zudem durch die im Mietvertrag enthaltene Haftungsfreistellung geschützt sei. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass es sich um ein grob fahrlässiges Verhalten gehandelt habe. Dies hebe die vertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung auf.

Das Urteil des OLG Nürnberg: Grobe Fahrlässigkeit kostet Schutz der Haftungsfreistellung

Das Oberlandesgericht Nürnberg folgte der Argumentation der Klägerin und stellte fest, dass der Beklagte mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h unterwegs war. Die Bedienung des Infotainmentsystems während der Fahrt führte dazu, dass er die Kontrolle über das Fahrzeug verlor. Besonders schwer wog aus Sicht des Gerichts, dass sich der Beklagte in einem ihm nicht vertrauten Fahrzeug befand und dennoch seine Aufmerksamkeit nicht auf das Fahrgeschehen, sondern auf den Bordcomputer richtete.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die vertraglich vereinbarte Haftungsfreistellung zwar grundsätzlich gilt, jedoch durch grob fahrlässiges Verhalten eingeschränkt wird. Die Klausel, die eine anteilige Haftung in solchen Fällen vorsieht, wurde als wirksam erachtet. Der Beklagte wurde daher verpflichtet, 50 % des entstandenen Schadens zu zahlen.

Warum dieses Urteil richtungsweisend ist

Dieses Urteil hat weitreichende Auswirkungen und sollte von allen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Mietwagen-Nutzern, genau beachtet werden. Es bringt Klarheit in verschiedene wichtige Punkte:

  1. Mietwagenfahrer haften trotz Haftungsfreistellung bei grober Fahrlässigkeit: Eine Mietwagen-Haftungsfreistellung schützt nicht unbegrenzt. Wenn der Fahrer grob fahrlässig handelt – etwa durch Ablenkung bei hoher Geschwindigkeit – kann er dennoch zur Kasse gebeten werden.
  2. Hohe Geschwindigkeiten erfordern erhöhte Sorgfalt: Das Urteil macht deutlich, dass das Fahren mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h besondere Aufmerksamkeit erfordert. Wer sich in solchen Situationen ablenken lässt, handelt nicht nur fahrlässig, sondern grob fahrlässig.
  3. Relevanz für Versicherungen und Autovermieter: Die Entscheidung des Gerichts orientiert sich an den Grundsätzen der Vollkaskoversicherung. Die übliche Klausel zur Haftungsreduzierung in Mietverträgen wird nur dann anerkannt, wenn sie sich am Prinzip der anteiligen Haftung bei grober Fahrlässigkeit ausrichtet.

Die rechtlichen Konsequenzen für Autofahrer und Autovermieter

Dieses Urteil hat für die Praxis erhebliche Bedeutung. Sowohl für Autovermieter als auch für Fahrzeugmieter und berechtigte Fahrer. Wer einen Mietwagen fährt, sollte sich bewusst sein, dass die Haftungsfreistellung kein Freibrief für riskantes Fahrverhalten ist. Grob fahrlässiges Verhalten – insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten oder Ablenkung – kann dazu führen, dass eine anteilige Haftung für Schäden verbleibt.

Für Autovermieter ergibt sich aus diesem Urteil ebenfalls eine wichtige Erkenntnis: Die vertraglichen Regelungen zur Haftungsfreistellung sollten sorgfältig formuliert sein und ausdrücklich auf eine Reduzierung der Haftungsfreistellung bei grober Fahrlässigkeit hinweisen. Andernfalls könnte eine vollständige Haftungsbefreiung des Mieters oder Fahrers riskiert werden, was im Schadensfall erhebliche finanzielle Verluste bedeuten könnte.

Fazit: Augen auf im Mietwagen – Haftung kann trotz Versicherung bestehen

Das Urteil des OLG Nürnberg verdeutlicht, dass die Nutzung eines Mietwagens mit besonderer Verantwortung einhergeht. Wer sich hinter das Steuer eines hochmotorisierten Fahrzeugs setzt, sollte sich bewusst sein, dass vertragliche Haftungsfreistellungen Grenzen haben. Die Entscheidung bestätigt, dass grob fahrlässiges Verhalten – insbesondere durch Ablenkung während der Fahrt – erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann.

Mietwagen-Nutzer sollten sich nicht nur auf die vertraglichen Regelungen verlassen. Sie müssen stets besonders umsichtig fahren. Wer sich während der Fahrt auf das Infotainmentsystem konzentriert, verliert leicht die Kontrolle. Das kann teuer werden. Es gefährdet nicht nur das eigene Leben, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer. Die Botschaft des Urteils ist klar: Sicherheit und volle Aufmerksamkeit haben oberste Priorität.

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