Keine Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verkehrstherapie

Rücknahme der Fahrerlaubnisentziehung nach Verkehrstherapie

Begeht jemand eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz, so steht auch eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB im Raum. Diese fußt auf der Annahme, dass sich aus der Straftat die Ungeeignetheit zum Führen eines Kfz ergibt. Insbesondere beim Fahren unter erheblichem Alkoholeinfluss ist dies sogar die gesetzliche Regel. Doch keine Regel ohne Ausnahme. So hat das AG Tiergarten jüngst auf den Einspruch eines Beschuldigten, die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. Der Beschuldigte war ein 60jähriger Mann, der seit über 40 Jahren im Besitz eines Führerscheins war und in dieser Zeit bisher auch noch nie verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist. Aufgrund einer alkoholbedingten Straßenverkehrsgefährdung erging gegen ihn ein Strafbefehl, der auch die Entziehung der Fahrerlaubnis anordnete. Gegen diesen legte er auf die Rechtsfolgen beschränkt Einspruch ein. Die Zeit bis zur mündlichen Verhandlung (9 Monate seit Entziehung der Fahrerlaubnis) nutzte der Beschuldigte zu einer mehrmonatigen Verkehrstherapie mit zwölf einstündigen Einzelgesprächen und sechs 90minütigen Alkoholseminaren bei einem Verkehrspsychologen und Suchtberater. Dieser konnte das Gericht in der Verhandlung davon überzeugen, dass die Therapie ernsthaft und erfolgreich durchgeführt wurde. Insbesondere war das Gericht davon überzeugt, dass der Beschuldigte seit über einem halben Jahr abstinent war und eine Alkoholsucht zum Zeitpunkt der Verhandlung nicht bestand. Infolgedessen konnte das Gericht eine charakterliche Ungeeignetheit des Beschuldigten zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr feststellen und hatte die Entziehung der Fahrerlaubnis aufzuheben. Zwar verhängte das Gericht noch ein 3 monatiges Fahrverbot, doch war dieses durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis inzwischen vollstreckt, so dass der Beschuldigte seinen Führerschein in der Verhandlung wiederbekommen konnte.

Diese Entscheidung ist richtig, denn bei der Einschätzung des Richters über die Eignung des Beschuldigten zum Führen eines Kraftfahrzeugs kommt es auf den Zeitpunkt der letzten  mündlichen Verhandlung an, so dass sämtliche Änderungen seit der Tat und insbesondere das Nachtatverhalten zu berücksichtigen sind. Dies ist jedoch kein Freischein um jeder Entziehung der Fahrerlaubnis zu entgehen. Es bedarf schon der Überzeugung des Richters. Bloße Absichtserklärungen und Ansätze, wie die Anmeldung bei einem Seminar, einer Therapie o.ä. genügen hierfür nicht. Ein entsprechender Lebenswandel muss bereits soweit vollzogen sein, dass von der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder auszugehen ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte – Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner

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