Verkehrsunfall – Schmerzensgeld bei Motorradunfällen

Verkehrsunfall: Schmerzensgeld bei Motorradunfällen und die Bedeutung der Schutzkleidung

Verkehrsunfall und Mitverschulden: Kürzung des Schmerzensgeldes?

Ein Verkehrsunfall mit einem Motorrad führt häufig zu schwerwiegenden Verletzungen, insbesondere wenn der Fahrer keine ausreichende Schutzkleidung trägt. Im Fall einer Verletzung stellt sich regelmäßig die Frage, ob das Schmerzensgeld aufgrund eines Mitverschuldens des Verletzten gekürzt werden kann. Dies wäre der Fall, wenn die unzureichende Schutzkleidung zur Verschlimmerung der Verletzungen beigetragen hätte. Doch ist dies rechtlich wirklich entscheidend?

Verkehrsunfall

Das Landgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 12. Juli 2024 (Az.: 306 O 387/23) entschieden, dass die Kürzung des Schmerzensgeldes wegen fehlender Schutzkleidung im Motorradverkehr nicht ohne Weiteres gerechtfertigt ist. Der Entscheidung lag der Fall eines Motorradfahrers zugrunde, der im Stadtgebiet eine Jogginghose, ein Sweatshirt, Sneakers und keinen Handschutz, aber einen Helm trug.

Schutzkleidung: Kein allgemeines Verkehrsbewusstsein im Jahr 2022

Das Gericht stellte klar, dass im Jahr 2022 keine gesetzliche Verpflichtung bestand, als Motorradfahrer spezielle Schutzkleidung zu tragen. Auch ein allgemeines Verkehrsbewusstsein, das Motorradfahrern zur Nutzung bestimmter Schutzkleidung verpflichtete, war nicht vorhanden. Der Verweis auf statistische Erhebungen, die durch das Oberlandesgericht Celle im Jahr 2021 durchgeführt wurden, bestätigte diesen Punkt (OLG Celle, Urteil vom 13. März 2024, Az.: 14 U 122/23). Für das Folgejahr 2022 konnte das LG Hamburg keine wesentliche Veränderung im Verkehrsbewusstsein feststellen.

Diese Feststellung ist wesentlich, weil sie den rechtlichen Rahmen der Schmerzensgeldansprüche bei einem Verkehrsunfall mit einem Motorradfahrer definiert, der ohne adäquate Schutzkleidung unterwegs war. Ohne eine gesetzliche Vorschrift oder ein deutliches gesellschaftliches Verkehrsbewusstsein für das Tragen von Motorradschutzkleidung kann der Vorwurf eines Mitverschuldens in der Regel nicht erhoben werden.

Mitverschulden und Schmerzensgeld: Einzelfallbetrachtung ist entscheidend

Besonders interessant ist die Argumentation des Gerichts hinsichtlich der Frage, ob die Verletzung, die zur Bemessung des Schmerzensgeldes herangezogen wurde, durch das Tragen von Schutzkleidung hätte vermieden werden können. Im konkreten Fall erlitt der Kläger eine Avulsionsfraktur, eine Verletzung, die in der Regel durch starke Krafteinwirkungen verursacht wird. Das Gericht stellte infrage, ob eine Motorradschutzkleidung eine solche Verletzung hätte verhindern oder wenigstens abmildern können. Die Entscheidung ließ diese Frage jedoch offen, da das Vorliegen eines Mitverschuldens nicht primär von der Vermeidbarkeit der konkreten Verletzung durch Schutzkleidung abhängt.

Keine pauschale Schmerzensgeldkürzung bei fehlender Schutzkleidung

Das LG Hamburg macht mit diesem Urteil deutlich, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes aufgrund eines Verkehrsunfalls nicht automatisch eine Kürzung wegen fehlender Schutzkleidung vorgenommen werden kann. Eine gesetzliche Regelung, die das Tragen von Motorradschutzkleidung verpflichtend macht, existiert nicht, und ein allgemeines Bewusstsein im Verkehr, das Motorradfahrern das Tragen solcher Kleidung auferlegt, war zum Zeitpunkt des Unfalls ebenfalls nicht feststellbar.

Diese Entscheidung stärkt die Position von Motorradfahrern, die nach einem Verkehrsunfall Verletzungen erleiden, ohne dabei umfassend mit Schutzkleidung ausgestattet gewesen zu sein. Für die Bemessung des Schmerzensgeldes kommt es vielmehr auf die konkreten Umstände des Unfalls an, insbesondere auf die Art und Weise, wie die Verletzungen verursacht wurden und ob diese durch Schutzkleidung überhaupt hätten vermieden werden können.

Fazit

Bei einem Verkehrsunfall mit einem Motorradfahrer, der ohne adäquate Schutzkleidung fährt, ist eine Kürzung des Schmerzensgeldes aufgrund eines Mitverschuldens nicht automatisch gegeben. Entscheidend ist, ob eine gesetzliche Regelung oder ein allgemeines Verkehrsbewusstsein zum Tragen von Schutzkleidung bestand und ob die konkrete Verletzung durch Schutzkleidung hätte vermieden werden können. Das Urteil des LG Hamburg zeigt, dass Motorradfahrer auch ohne spezielle Schutzkleidung Anspruch auf volles Schmerzensgeld haben können, wenn kein Mitverschulden nachgewiesen wird.

Für Verkehrsunfälle mit Motorrädern ist dieses Urteil richtungsweisend und unterstreicht die Bedeutung einer differenzierten rechtlichen Bewertung der Umstände. Verkehrsunfälle sind stets Einzelfälle, bei denen die konkrete Situation des Fahrers, der Unfallhergang und die Verletzungen im Detail geprüft werden müssen.

Verkehrsrecht Rechtsanwalt Thomas Brunow Bester Anwalt

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte – Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner in Berlin und Brandenburg –  Er ist spezialisiert im Verkehrsrecht und vertritt seine Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten. Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes im Verkehrsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Seine Schwerpunkte sind:

  • Schadenregulierung nach einem Verkehrsunfall
  • Verteidigung bei Verkehrsstrafsachen (Trunkenheitsfahrt, Fahrerfluch, Nötigung, Körperverletzungen etc.)
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AUTOKAUF: „Gekauft wie gesehen“ gilt nicht bei Arglist

AUTOKAUF: „Gekauft wie gesehen“ gilt nicht bei Arglist

| Die Klage auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw wegen arg­listiger Täuschung des Käufers hatte vor dem Landgericht (LG) Coburg überwiegend Erfolg. Nur für die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer musste der Kläger Abzüge hinnehmen. |

Sachverhalt:

Der Kläger hatte im Jahr 2018 vom Beklagten einen damals sieben Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 122.000 km zum Preis von 10.500 Euro gekauft und hierbei auch einen Gewähr­ leistungsausschluss vereinbart. Zugleich hatte der beklagte Verkäufer dem Kläger jedoch zugesichert, dass das Fahrzeug keinen Unfallschaden erlitten habe, solange es im Eigentum des Beklagten war und dass mit Ausnahme eines Schadens an der Frontstoßstange keine weiteren Beschädigungen vorlägen. In der Folgezeit wurde der Pkw nach einem Unfall des Klägers begutachtet. Dabei wurden verschiedene unreparierte und auch reparierte Vorschäden festgestellt. Tatsächlich war das Fahrzeug nämlich schon vor dessen Erwerb durch den Beklagten, dem späteren Verkäufer, bei einem Unfall beschädigt worden und musste für mehr als 5.000 Euro repariert werden.

Daraufhin focht der Kläger den Kaufvertrag an und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises. Er behauptete, der Verkäufer habe das Fahrzeug von seinem Bruder gekauft und sei in dem ihn betreffenden Kaufvertrag auf einen reparierten Unfallschaden hingewiesen worden. Der Beklagte berief sich darauf, die Unfallfreiheit des Fahrzeuges nur für die Zeit seines Besitzes zugesichert zu haben. Zu der Frage, ob der Beklagte von dem Unfall des Fahrzeugs während der Besitzzeit seines Bruders wusste, machte der Beklagte teilweise widersprüchliche Angaben. Außerdem sei der Schaden repariert worden und der Kläger hätte ausreichend Gelegenheit zur Besichtigung des Pkw vor dem Kauf gehabt. Eine arglistige Täuschung durch das Verschweigen des Unfallschadens stritt der beklagte Verkäufer ab.

Landgericht erkennt arglistige täuschung

Das LG sah im Verhalten des Beklagten eine arglistige Täuschung und gab der KIage über­ wiegend statt. Danach besteht für den Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs die Verpflichtung, den potenziellen Käufer auch ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinzuweisen, selbst dann, wenn der Schaden bereits fachgerecht repariert wurde. Eine Ausnahme gilt nur für sogenannte Bagatellschäden, also ganz geringfügige äußere Schäden, beispielsweise im Lack. Angesichts der Reparaturkosten von mehr als 5.000 Euro liegt eine solche Ausnahme hier jedoch nicht vor, sodass eine Aufklärung des Klägers über diesen Unfallschaden auch geboten war.

Weil dem Beklagten aber dieser frühere Unfallschaden tatsächlich bekannt war, handelte er nach der Entscheidung des LG auch arglistig, als er den Käufer nicht darüber informierte. Dafür ist es ausreichend, dass es der Verkäufer zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer bei wahrheitsgemäßer Information den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt oder zu diesem Preis geschlossen hätte. Die Vertragsanfechtung des Klägers war damit wirk­ sam und der Kaufvertrag war rückgängig zu machen.

Der beklagte Verkäufer musste deshalb das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis an den Kläger zurückzahlen. Hierbei war jedoch ein Abzug für die vom Kläger zwischenzeitlich gefah­ renen fast 20.000 Kilometer im Wege des sogenannten „Vorteilsausgleichs“ vorzunehmen, ein Betrag von knapp 2.700 Euro. Außerdem wurde der Beklagte zur Zahlung von Zinsen und Rechtsanwaltskosten des Klägers verurteilt.

QUeLLe | LG Coburg, Urteil vom 24.9.2020, 15 O 68/19

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Keine Unfallflucht mit Einkaufswagen 

Unfallflucht

Fahrerflucht auf dem Parkplatz

Keine Unfallflucht mit Einkaufswagen 

| Wird auf dem Parkplatz eines Supermarkts ein Pkw durch einen wegrollenden Einkaufs­wagen beschädigt, macht sich der Schädiger nicht wegen Unfallflucht (Fahrerflucht gem. § 142 StGB) strafbar, wenn er sich von der Unfallstelle entfernt, ohne Feststellungen zu ermöglichen. Das hat jetzt das Amts­gericht (AG) Dortmund klargestellt. | 

Während der Schädiger auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums seine Einkäufe in den Kofferraum seines Pkw lud, rollte der von ihm genutzte Einkaufswagen gegen das Fahrzeug­heck des gegenüber geparkten Pkw. An dessen Heckklappe entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 1.300 Euro. Obwohl der Schädiger den Unfall bemerkte und den Einkaufswagen vom beschädigten PKW zurückholte, entfernte er sich von der Unfallstelle, ohne die erforderlich gewordenen Feststellungen zu ermöglichen. 

Das AG lehnte es jedoch ab, einen Strafbefehl zu erlassen. Es bestehe kein hinreichender Verdacht einer Straftat, insbesondere nicht auf ein sog. „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Bei dem zugrunde liegenden Vorfall handelt es sich nämlich nicht um einen Unfall im Straßen­verkehr im Sinne des Strafrechts. 

Unter einem „Unfall im Straßenverkehr“ ist nach allgemeiner Ansicht ein plötzliches, unerwar­tetes Ereignis im Verkehr zu verstehen, in dem sich ein verkehrstypisches Schadensrisiko realisiert und das einen nicht nur völlig belanglosen Personen­ oder Sachschaden zur Folge hat. Allgemein anerkannt ist hierbei, dass für die Annahme eines Unfalls im Straßenverkehr „nicht jedwede ursächliche Verknüpfung des Schadensereignisses mit dem Verkehrsgeschehen“ ausreicht. Vielmehr ist ein straßenverkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang zu verlangen. Es müssen sich also in dem Verkehrsunfall gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben. An einem solchen straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang fehlt es nach Auffassung des AG in „Einkaufswagen“­-Fällen. Der Unfall ist nicht spezifisch Ausdruck jener Gefahren, die mit der Fortbewegung eines Fahrzeugs im Sinne der Straßenverkehr­sordnung verbunden sind. 

Ein Unfall im Straßenverkehr kann nur dort angenommen werden, wo das Unglück Folge willentlicher Fortbewegung wenigstens eines Beteiligten ist. Denn „Verkehr“ findet nicht bereits dort statt, wo Gegenstände (mögen sie auch grundsätzlich Fortbewegungszwecken dienen) – etwa aufgrund unzureichender Sicherung, äußerer Witterungseinflüsse u.ä. – „von sich aus“ in Bewegung geraten; sie „verkehren“ damit noch nicht. Dies ist vielmehr erst der Fall, wenn ihre Bewegung von einem entsprechenden menschlichen Fortbewegungswillen getragen wird. 

Quelle iww.de | AG Dortmund, Beschluss vom 1.9.2020, 723 CS – 268 Js 1007/20 – 276/20


§ 142 I StGB Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – Fahrerflucht

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1.
nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2.
berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Verkehrsrecht Berlin – Verkehrsstrafrecht – Fahrerflucht – Die Experten im Verkehrsrecht

Verkehrsrecht Rechtsanwalt Thomas Brunow Bester Anwalt

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Verteidigung bei Verkehrsstrafsachen (Trunkenheitsfahrt, Fahrerfluch, Nötigung, Körperverletzungen etc.)

Kasko zu spät gemeldet – kein Anspruch

Kein Anspruch gegen den Kasko Versicherer bei vorsätzlicher Verletzung der Anzeigepflicht

Das OLG Hamm hatte sich in der Entscheidung vom 21.06.2017 (20 U 42/17) mit der Frage befasst, ob der Anspruch gegen die Kasko bei zu später Meldung erlischt. Der Kläger des dortigen Rechtsstreits hatte seinen Pkw bei der beklagten Versicherung kaskoversichert. Mitte Juni 2016 meldete der Kläger der Beklagten einen Schadensfall vom Dezember 2015. Den Schaden hatte der Kläger im Januar 2016 begutachten und dann noch im Januar reparieren lassen. Am Unfalltag befand sich ein Zettel mit einem Namen und einer Mobilfunknummer an seinem Fahrzeug. Mit diesen Angaben konnte jedoch ein Schädiger nicht ermittelt werden. Aus diesem Grunde unterrichtete der Kläger die Beklagte erst im Juni 2016.

Die beklagte Kasko Versicherung war der Auffassung, dass sie leistungsfrei sei, weil der Kläger seine Anzeigeobliegenheit verletzt habe. Zusätzlich hat die Kasko Versicherung das Schadensbild für nicht plausibel und das vom Kläger eingeholte Gutachten für unbrauchbar gehalten.

Verletzung der vertraglichen Obliegenheit

Die Klage des Klägers blieb erfolglos. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm konnte offenbleiben, ob sich das Schadensereignis, wie vom Kläger behauptet, zugetragen hatte. Die beklagte Kasko Versicherung sei bereits von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der Kläger eine vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Er hatte den Schaden entgegen den Versicherungsbedingungen nicht innerhalb einer Woche nach dem Schadensereignis gegen über der Kasko Versicherung angezeigt, sondern im konkreten Fall erst rund sechs Monate später. Dabei spielte es keine Rolle, dass der Kläger vorliegend der Ansicht war, dass es sich um einen Haftpflichtschaden handelt. Die Verpflichtung der Schadenmeldung besteht unabhängig davon, ob später tatsächlich der Kasko Versicherung in Anspruch genommen wird.

Der Unfall muss dem Kasko Versicherer zeitnah nach dem Unfall gemeldet werden – Leistungsfreiheit der Versicherung

Die Anzeigepflicht hatte der Kläger vorliegend vorsätzlich verletzt. Ihm sei die Pflicht einer Schadenanzeige gegenüber dem Kasko Versicherer bekannt gewesen. Vorliegend war auch deswegen eine vorsätzlich verzögerte Meldung anzunehmen, da der Kläger nach eigenen Angaben anfangs auf eine Meldung gegenüber der Kasko Versicherung verzichtet habe, um zu versuchen, den eigentlichen Schädiger in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn dem Kläger die konkrete zeitliche Begrenzung nicht bewusst gewesen war, habe er auch Ansicht des OLG Hamm nicht ernsthaft darauf vertrauen können, dass eine Schadenanzeige ca. ein halbes Jahr nach dem Unfall und vor allem nach vollständiger Beseitigung sämtlicher Unfallschäden noch ausreichen kann.

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Unfall: Nachzügler in der Kreuzung

Unfall in Kreuzung Haftung:

Unfall: Später Nachzügler im Kreuzungsbereich ist nicht mehr vorfahrtsberechtigt
Nachzügler muss Kreuzungsbereich vorsichtig und unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Gegen- oder Querverkehrs mit Vorrang verlassen

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 26.08.2016
– 7 U 22/16 –

Später Nachzügler im Kreuzungsbereich nicht mehr vorfahrtsberechtigt (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 26.08.2016, Az.: 7 U 22/16)

In einer aktuellen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm über eine Situation entschieden, die zum Alltag im Stadtverkehr gehört. Demnach gilt ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab für Nachzügler auf Kreuzungen.

In dem Fall fuhr eine Frau mit ihrem PKW bei grüner Ampel in einen Kreuzungsbereich ein. Wegen eines Rückstaus blieb sie dort jedoch für 40 Sekunden stehen. Sie entschloss sich schließlich, die Kreuzung zu räumen, als ihre Ampel schon mehr als 20 Sekunden Rotlicht gezeigt hatte. Dabei stieß sie mit dem gegnerischen Fahrzeug im Kreuzungsbereich zusammen. Dieses hatte zu diesem Zeitpunkt schon mindestens 19 Sekunden Grünlicht.

Ein solches Verhalten stellt nach dem Oberlandesgericht ein erheblichen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im Straßenverkehr dar. Es sah die Fahrerin daher als für den Unfall voll verantwortlich an. Zwar seien Nachzügler gegenüber dem Querverkehr grundsätzlich bevorrechtigt, die Kreuzung wieder zu räumen. Allerdings dürften sie nicht blindlings auf ein Vorlassen durch den Querverkehr vertrauen. Vielmehr habe ein Nachzügler die Kreuzung vorsichtig und unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Querverkehrs zu verlassen. Dabei erhöhen sich die Anforderungen an die Aufmerksamkeit mit längerer Verweildauer im Kreuzungsbereich. Denn der Querverkehr vertraue mit längerer Dauer darauf, dass der Nachzügler nicht weiterfahren werde. Die Fahrerin sei demgegenüber unvermittelt und zügig losgefahren und habe den Querverkehr nicht genügend beachtet.


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Fahrverbot trotz Kündigung

Fahrverbot

Kein Absehen vom Fahrverbot aufgrund angedrohter Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 24.2.2016, Az.: 3 Ws (B) 95/16)

Das Kammergericht Berlin hat in einer aktuellen Entscheidung die drohende Kündigung des Arbeitgebers als unzureichenden Grund für das Absehen von einem Fahrverbot angesehen.

Ein angestellter Physiotherapeut hatte auf der Stadtautobahn von Berlin nachts die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h fahrlässig um 37 km/h überschritten. Die Behörde erließ daraufhin ein einmonatiges Fahrverbot und eine Geldbuße von 160 Euro. Hiergegen erhob der Autofahrer Einspruch. Er gab an, dass ihm bei Anordnung eines Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes drohe. Denn er absolviere ausschließlich Hausbesuche, wozu er schwere Hilfsmittel transportieren müsse. Andere Angestellte könnten die Termine nicht entsprechend wahrnehmen.

Amtsgericht Tiergarten verzichtete auf das Fahrverbot

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten sah daraufhin von einem Fahrverbot ab und verdoppelte die Geldbuße stattdessen auf 320 Euro. Begünstigend würdigte es dabei auch, dass zur Nachtzeit nur ein geringes Verkehrsaufkommen geherrscht habe.

Kammergericht hebt Urteil auf – Berufliche Nachteile durch sind hinzunehmen

Diese Entscheidung hob das Kammergericht Berlin nun auf. Generell könne zwar unter besonderen Umständen bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte von einem Fahrverbot abgesehen werden. Solche sah es in dem Fall aber nicht als gegeben an. Denn berufliche Nachteile durch ein Fahrverbot seien hinzunehmen. Es sei nicht dargelegt worden, dass das Fahrverbot nicht durch Urlaub bzw. durch einen Fahrer oder ein Taxi hätte überbrückt werden können. Auch sei die Überschreitung der Geschwindigkeit zur Nachtzeit nicht begünstigend zu werten. Die Höchstgeschwindigkeit dürfe generell nicht um mehr als 50 Prozent überschritten werden. Die Beeinträchtigungen durch das Fahrverbot stellen nach Ansicht des Gerichts daher bloße Unannehmlichkeiten dar, die hinzunehmen seien.

Gerne stehen wir Betroffenen jederzeit für eine unverbindliche erste Beratung zur Verfügung.

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Rotlichtverstoß Berlin: Verwechslung der Ampel

rotlichtverstoß

Rotlichtverstoß – Fahrverbot

Kein Absehen von einem Fahrverbot bei qualifiziertem Rotlichtverstoß aufgrund von Verwechslung mit grüner Fußgängerampel

Nach einer Entscheidung des OLG Bamberg vom 22. Dezember 2015 (3 SS OWi 1326/15) begründet das Verwechseln der roten Lichtzeichenanlage mit der grünen Fußgängerampel kein Absehen vom Fahrverbot.

Das OLG führt hierzu aus, dass mit dem gegen ein bußgeldrechtliches Fahrverbot eingewandten Augenblicksversagen begrifflich nur ein Versagen des Betroffenen umschrieben wird, das dadurch gekennzeichnet wird, dass der Handelnde für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, nämlich nur für einen Augenblick lang die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Hieraus allerdings lässt sich nicht schon ein ausreichender Anlass ableiten, den Schuldvorwurf herabzustufen, sofern alle sonstigen objektiven Merkmale einer grobe  Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 1. Alt. StVG vorliegen.

Für den Wegfall eines nach nach dieser Vorschrift verwirkten Fahrverbotes aufgrund eines Augenblicksversagens wegen Nichtbeachtung einer mehr als eine Sekunde dauernden Rotphase ist regelmäßig kein Raum, wenn der qualifizierte Rotlichtverstoß mit einer Verwechslung der bereits Grünlicht zeigenden und parallel zur beabsichtigten Fahrtrichtung stehenden Fußgängerampel begründet wird.

Positive Beispiele gibt es jedoch selbstverständlich auch. Unter anderem hatte das OLG Hamm (alte Entscheidung: DAR 99, 515) ein Augenblicksversagen angenommen, in denen der Betroffenen bereits 3 Minuten vor einer roten Lichtzeichenanlage wartete sowie schließlich irrig davon ausging, dass die Ampel defekt sei und deshalb dauerrot anzeigt.

Rotlichtverstoß in Berlin

In Berlin werden jährlich ca. 15.000 Rotlichtverstöße registriert, wobei hiervon rund 3.000 qualifizierte Rotlichtverstöße (über eine Sekunde Rot – Fahrverbot) geahndet werden.

Die Polizeistatistik der Polizei Berlin zeigt offiziell die Bezirke, in denen es am häufigsten zu Unfällen kommt, weil rote Ampeln missachtet werden. Der Bezirk Mitte ist hierbei führend. Den zweiten Platz teilen sich die Bezirke Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Statistik der Berliner Polizei zeigt auch, dass insbesondere die Ahnung von Rotlichtverstößen von Radfahrern stark zugenommen hat. Insbesondere im Bezirk Berlin Mitte wird durch eine starke Präsenz einer Fahrradstaffel der Polizei überdurchschnittlich intensiv kontrolliert (Quelle: in-brandenburg-geblitzt.de)


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Verkehrsunfall: Verkauf des Unfallwagens

Verkehrsunfall: Verkauf des verunfallten Fahrzeugs nach Vorliegen eines Gutachtens

Nach einem Verkehrsunfall ermittelt der Sachverständige zunächst die Schadenhöhe. Stellt der Sachverständige einen Totalschaden fest, so ermittelt der Sachverständige zugleich den Restwert des verunfallten Fahrzeugs. Oft stellt sich die Frage, ob der Geschädigte nun das Fahrzeug an den vom Sachverständigen ermittelten Restwertkäufer veräußern darf, ohne zuvor die Haftpflichtversicherung des Unfallgegner darüber in Kenntnis zu setzen. Die Haftpflichtversicherungen haben ein großes Interesse daran, den Restwert zu hoch wie möglich anzusetzen, da diese nur die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert an den Geschädigten nach einem Verkehrsunfall auszahlen muss. Aus diesem Grund stellen die Versicherungen die Fahrzeuge sehr gerne nochmals in weitere Restwertbörsen ein, um höhere Gebote zu erzielen.

Schadenminderungspflicht?

Mit der Frage, ob der Geschädigte der Haftpflichtversicherung das Recht einer höheren Verwertung einräumen muss, beschädigte sich das OLG Hamm (OLG Hamm, 11 U 13/15 vom 11.11.15):

Hier veräußerte der nach einem Verkehrsunfall Geschädigte das Unfallfahrzeug nach Vorliegen eines Sachverständigengutachtens zu dem vom Sachverständigen durch Einholung verschiedener Angebote auf dem regionalen Markt ermittelten Restwert, ohne der gegnerischen Haftpflichtversicherung vorher die Möglichkeit gegeben zu haben, das Fahrzeug selbst wirtschaftlich günstiger zu verwerten. Aus Sicht des Gerichts verstieß der Geschädigte weder gegen seine Schadensminderungspflicht noch gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit. (Aus den Gründen: …Zwar ist es zutreffend, dass der BGH wiederholt entschieden hat, dass besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben können, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um seiner Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Allerdings hat der BGH weiter ausgeführt, dass derartige Ausnahmen in engen Grenzen gehalten werden müssen und nicht dazu führen dürfen, dass dem Geschädigten die vom Schädiger bzw. dessen Versicherer gewünschten Verwertungsmethoden aufgezwungen werden…).

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ist die anwaltliche Vertretung für den Geschädigten kostenlos. Diese Kosten werden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen.

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Wann gelten Zusatzschilder von Geschwindigkeitsbeschränkungen?

Häufig werden verkehrsregelnde Verkehrszeichen zusätzlich mit Zusatzzeichen bzw. Zusatzschildern versehen, die in der Regel weiße Schilder mit schwarzer Umrandung und einem schwarzen Symbol sind. Diese Zusatzschilder gelten regelmäßig nur für das über ihnen befindliche Verkehrszeichen. Besonders häufig werden solche Zusatzschilder im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgestellt. Häufig besteht Unklarheit darüber, wie die Zusatzschilder genau zu verstehen sind und wann sie genau gelten. Hierzu gab es nun verschiedene gerichtliche Entscheidungen.panthermedia_00654282 „Wann gelten Zusatzschilder von Geschwindigkeitsbeschränkungen?“ weiterlesen

Trunkenheitsfahrt mit 1,75 ‰ – keine Entziehung der Fahrerlaubnis

Fahrverbot

In einem Fall des LG Kaiserslautern wurde ein junger Mann wegen einer Trunkenheitsfahrt, bei der er 1,75 ‰ aufwies, gemäß § 316 StGB zu einer Geldstrafe von 300,00 € verurteilt. Bei einer solchen Verurteilung stellt sich gemäß § 69 StGB regelmäßig die Frage, ob dem Verurteilten auch seine Fahrerlaubnis zu entziehen ist.panthermedia_03344807 „Trunkenheitsfahrt mit 1,75 ‰ – keine Entziehung der Fahrerlaubnis“ weiterlesen

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