Anfahren aus zweiter Reihe: Wer haftet beim Unfall auf der Busspur?

Mithaftung

Busspur: Das Halten in zweiter Reihe ist im urbanen Straßenverkehr – insbesondere in Großstädten wie Berlin – ein alltägliches, aber oft unterschätztes Verkehrsdelikt. Es gefährdet nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern ist auch in vielen Fällen schlicht rechtswidrig, insbesondere wenn dies auf einem Bussonderfahrstreifen erfolgt. Kommt es beim Anfahren aus dieser Position zu einem Unfall, stellt sich regelmäßig die Frage: Wer haftet? Welche Sorgfaltspflichten gelten?

Mit Urteil vom 28. April 2025 (22 U 50/22) hat das Kammergericht Berlin hierzu eine für die Praxis wegweisende Entscheidung getroffen: Es bejaht eine volle Haftung des in zweiter Reihe stehenden und plötzlich anfahrenden Fahrers – und verneint ein Mitverschulden des querenden, fließenden Verkehrs.


Der Fall: Verkehrsunfall auf dem Kurfürstendamm

Im Zentrum des Verfahrens stand ein Verkehrsunfall auf dem Kurfürstendamm, einem der belebtesten Straßenabschnitte Berlins. Der Beklagte hatte dort mit seinem Fahrzeug in zweiter Reihe auf einem Bussonderfahrstreifen gehalten – ohne verkehrsbedingten Grund. Aus dem Fahrzeug wurde ein Schlüssel übergeben. Anschließend fuhr der Beklagte wieder an, wobei er mit dem Pkw des Klägers kollidierte, der ordnungsgemäß aus dem linken Fahrstreifen über die Busspur auf eine Rechtsabbiegerspur querte.

Während das Landgericht noch von einer Mithaftung des Klägers ausging, hob das Kammergericht dieses Urteil aufund entschied klar zugunsten des Klägers – mit umfangreicher Begründung.


Rechtliche Würdigung und Kernaussagen des Gerichts

1. Halten auf Bussonderfahrstreifen: Absolutes Verbot

Das Kammergericht stellt unmissverständlich fest:

„Das Halten auf einem Bussonderfahrstreifen ist grundsätzlich verboten.“
Gemäß Zeichen 245 der Straßenverkehrs-Ordnung dürfen Bussonderfahrstreifen nicht durch den Individualverkehr genutzt werden. Auch ein kurzes Halten – selbst mit eingeschaltetem Warnblinker – ist dort nicht zulässig, sofern es nicht durch berechtigte Ausnahmen gedeckt ist (z. B. Taxen an Haltestellen).

Die Verwaltungsvorschrift zur StVO betont ausdrücklich:

„Die Funktionsfähigkeit der Bussonderfahrstreifen hängt von ihrer völligen Freihaltung vom Individualverkehr ab.“

Das Parken oder Halten in zweiter Reihe auf der Busspur stellt daher einen klaren Verstoß gegen die StVO dar – und führt zu einer erheblichen Ausgangshaftung des Halters.


2. § 10 StVO analog: Gesteigerte Sorgfaltspflichten auch ohne Anfahren vom Fahrbahnrand

Zwar erfasst § 10 Satz 1 StVO dem Wortlaut nach nur das Anfahren vom Fahrbahnrand. Doch das Kammergericht überträgt die dort normierten Sorgfaltspflichten auf das Anfahren aus zweiter Reihe, weil es sich um eine vergleichbare Gefährdungslage handelt – teils mit erhöhter Unübersichtlichkeit für den fließenden Verkehr.

Daraus folgt:

  • Rückschaupflicht vor dem Anfahren

  • Blinkpflicht (mindestens 5 Sekunden vor Anfahren)

  • Beachtung des Vorrangs des fließenden Verkehrs

  • Anscheinsbeweis bei Kollision zulasten des Anfahrenden

„Derjenige, der aus zweiter Reihe anfährt, muss sich so verhalten, als würde er vom Fahrbahnrand aus in den fließenden Verkehr einfädeln.“

Diese Sichtweise findet sich auch in der Kommentarliteratur (z. B. Burmann/Heß/Jahnke/Burmann, § 10 StVO Rn. 12) und wird durch obergerichtliche Rechtsprechung gestützt.


3. Kein Vorrang für verbotswidrig haltende oder fahrende Verkehrsteilnehmer

Ein häufiger Irrtum: Wer auf der Busspur fährt oder hält, meint, ihm stünde Vorrang nach § 9 Abs. 3 Satz 2 StVO zu, wenn andere Fahrzeuge querende Bewegungen vornehmen. Doch das Kammergericht verneint dies konsequent:

„§ 9 Abs. 3 Satz 2 StVO privilegiert ausschließlich berechtigte Verkehrsteilnehmer auf Bussonderfahrstreifen – insbesondere Linienbusse.“

Für unberechtigte Nutzer – wie den Beklagten – besteht kein Vorrang. Der querende Kläger durfte den Bereich an der vorgesehenen Querung mit Zeichen 340 (Leitlinie) benutzen und hatte dem Beklagten weder Vorrang noch Rücksicht zu gewähren.


4. Keine Betriebsgefahr, kein Mitverschulden des Klägers

Der Kläger querte die Busspur an der durch Markierung freigegebenen Stelle. Eine Rücksichtspflicht auf den Beklagten bestand nicht, da dessen Fahrzeug dort rechtswidrig parkte.

Das Kammergericht betont:

  • Keine Pflicht zur Gefahrenabwendung nach § 1 Abs. 2 StVO

  • Keine Anwendung von § 7 Abs. 5 StVO auf den querenden Kläger

  • Grobe Sorgfaltspflichtverletzung allein durch den Beklagten

  • Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs tritt vollständig zurück

Damit verneint das Gericht eine Haftungsverteilung und spricht dem Kläger 100 % der Schadenssumme zu – inkl. Reparaturkosten, Wertminderung und pauschalen Auslagen.


Fazit: Wer rechtswidrig hält, haftet voll – besonders beim Anfahren

Das Urteil des Kammergerichts sendet ein deutliches Signal:
🚫 Das Halten in zweiter Reihe – vor allem auf Bussonderfahrstreifen – ist nicht nur ein Parkverstoß, sondern kann beim Anfahren gravierende Haftungsfolgen haben.

🚘 Wer aus dieser Position losfährt, unterliegt denselben (ggf. strengeren) Sorgfaltspflichten wie beim Anfahren vom Fahrbahnrand.

⚖️ Ein Mitverschulden des fließenden Verkehrs ist bei korrekt ausgeführtem Querungsmanöver regelmäßig ausgeschlossen.

Für Anwälte, Versicherer und Geschädigte bedeutet das: Die Haftungsfrage muss nicht mehr hälftig oder anteilig gelöst werden, nur weil der eine Teilnehmer „querte“. Entscheidend ist die Vorrangbeachtung und das Halteverhalten – insbesondere bei Missachtung klarer Halteverbote auf Busspuren.


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Regress nach Fahrerflucht

Fahrerflucht

Regress nach Fahrerflucht: Wann die Kfz-Haftpflichtversicherung vom Versicherungsnehmer Geld zurückverlangen darf

AG Brandenburg: Urteil vom 28.04.2025 – 31 C 159/24

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Einleitung: Wenn Versicherte selbst zum Gegner werden

Nach einem Unfall erwartet man von der eigenen Versicherung in erster Linie eines: Unterstützung. Doch was passiert, wenn der Versicherungsnehmer selbst gegen vertragliche Pflichten verstößt – etwa durch Fahrerflucht? In solchen Fällen kann die Versicherung nicht nur leistungsfrei sein, sondern sogar erfolgreich Regress gegen den eigenen Versicherten nehmen. Das Amtsgericht Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil vom 28.04.2025 (Az. 31 C 159/24) eine solche Regressforderung bestätigt – mit bemerkenswerter Klarheit.


Der Fall: Fahrerflucht trotz Zeugen und Lichtbildern

Am 04.07.2021 fuhr der Beklagte mit einem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Mercedes-Benz rückwärts gegen einen geparkten BMW. Der Unfall ereignete sich in Anwesenheit von zwei unmittelbaren Zeugen, die den Fahrer direkt ansprachen und auf den Vorfall hinwiesen. Zudem fertigte der Fahrer selbst Lichtbilder der beschädigten Fahrzeuge an – eine Unfallbeteiligung war unstreitig dokumentiert.

Doch statt sich um die Schadensregulierung zu kümmern, verließ der Fahrer unerlaubt die Unfallstelle, ohne Angaben zu seiner Person zu machen – ein klassischer Fall der sogenannten Unfallflucht (§ 142 StGB).

Später bestritt der Versicherungsnehmer gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung jegliche Beteiligung am Unfall. Die Versicherung verweigerte zunächst die Schadensregulierung, wurde jedoch von der Geschädigten erfolgreich in Anspruch genommen. Im Anschluss forderte sie 2.500 € Regress vom eigenen Versicherungsnehmer – gestützt auf die einschlägigen Obliegenheitsverletzungen in den AKB.


Die Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg

Das Gericht gab der klagenden Versicherung recht – in allen Punkten. Besonders bedeutsam sind dabei folgende rechtliche Erwägungen:

1. Fahrerflucht als Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB)

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort stellt nicht nur eine Straftat dar, sondern ist auch ein sogenanntes Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Das bedeutet: Wer dagegen verstößt, kann auch zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden – unabhängig von vertraglichen Ansprüchen.

Das Amtsgericht betont, dass die Vorschrift des § 142 StGB gerade den Schutz der zivilrechtlichen Interessen der Unfallbeteiligten dient – namentlich der Aufklärung des Sachverhalts und der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen.

2. Strafurteil als Beweis im Zivilprozess (§§ 286, 432 ZPO)

Die Versicherung stützte ihren Regressanspruch maßgeblich auf ein bereits rechtskräftiges Strafurteil wegen Fahrerflucht (AG Potsdam, Urteil vom 19.07.2022). Der Beklagte war demnach nicht nur strafrechtlich verurteilt worden, sondern hatte durch sein Verhalten nachweislich eine schwerwiegende Obliegenheitsverletzung begangen.

Das Gericht stellt klar: Strafurteile dürfen als Urkundenbeweis im Zivilprozess verwendet werden (§§ 286, 432 ZPO). Die Beweisführung der Versicherung war damit in vollem Umfang tragfähig.

3. Obliegenheitsverletzung nach den AKB berechtigt zum Regress

Die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) sehen vor, dass bei groben Obliegenheitsverletzungen – etwa durch Unfallflucht oder falsche Angaben – ein Rückgriff der Versicherung gegen den Versicherungsnehmer bis zu 5.000 € zulässig ist. Im konkreten Fall wurde nur ein Regress von 2.500 € geltend gemacht – also innerhalb der zulässigen Regressgrenze.

Die Obliegenheitsverletzung war evident:

  • Der Fahrer verließ die Unfallstelle unerlaubt.

  • Er verneinte die Unfallbeteiligung gegenüber der Versicherung.

  • Eine Aufklärung des Schadens wurde dadurch erheblich erschwert.

Folge: Die Versicherung durfte leistungsfrei bleiben bzw. die bereits geleistete Schadenssumme anteilig zurückfordern.


Fazit: Strafrechtliche Folgen können auch zivilrechtlich teuer werden

Die Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg ist rechtlich eindeutig und praktisch bedeutsam. Sie verdeutlicht:

  • Fahrerflucht ist kein Kavaliersdelikt, sondern hat sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen.

  • Versicherer sind berechtigt, nach einer Obliegenheitsverletzung Rückgriff zu nehmen, wenn sie Schäden nur wegen der gesetzlichen Haftung (§ 115 VVG) regulieren mussten.

  • Ein Strafurteil kann im Zivilprozess verwertet werden, auch ohne erneute Beweisaufnahme zum Sachverhalt.

Versicherungsnehmer sollten sich daher im Fall eines Unfalls stets rechtlich beraten lassen und keinesfalls unüberlegt die Unfallstelle verlassen. Ansonsten drohen nicht nur Geldbuße und Führerscheinentzug, sondern auch erhebliche Rückforderungen durch die eigene Versicherung.


Praxis-Tipp für Versicherungsnehmer:

Wenn Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt sind:

  • Bleiben Sie am Unfallort!

  • Warten Sie auf die Polizei oder versuchen Sie, den Geschädigten zu kontaktieren.

  • Informieren Sie Ihre Versicherung wahrheitsgemäß und vollständig.

Schon kleine Versäumnisse oder falsche Angaben können aus Sicht des Versicherungsrechts eine grobe Obliegenheitsverletzung darstellen – mit erheblichen finanziellen Folgen.


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Fahrverbot bei Notlage? Urteil zur Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts

Fahrverbot

Fahrverbot: Geschwindigkeitsüberschreitung aus Sorge um die Ehefrau – AG Frankfurt verneint rechtfertigenden Notstand

Besprechung zum Urteil des AG Frankfurt am Main vom 10.03.2020 – 971 OWi 955 Js 65423/19


Ein klassischer Fall aus dem Verkehrsalltag – mit besonderem Hintergrund

Im Mittelpunkt dieses Verfahrens steht ein Autofahrer, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts um erhebliche 50 km/h überschritten hatte; es drohte ein Fahrverbot. Die Besonderheit: Er berief sich auf eine Notlage – seine Ehefrau habe sich beim Kochen stark verletzt, weshalb er in Sorge und unter Zeitdruck gehandelt habe. Das Amtsgericht Frankfurt hatte zu entscheiden, ob diese Umstände eine Geschwindigkeitsüberschreitung in einem derart gravierenden Umfang entschuldigen oder gar rechtfertigen konnten.


Der Sachverhalt im Überblick

Am 28. August 2019 fuhr der Betroffene um 18:23 Uhr mit seinem Pkw durch eine auf 30 km/h beschränkte Zone in Frankfurt – tatsächlich aber mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80 km/h. Das Messgerät (PoliScanSpeed) war ordnungsgemäß aufgestellt, geeicht und von einem geschulten Beamten bedient worden. Nach Abzug der gesetzlichen Toleranz von 3 km/h wurde ein Verstoß von exakt 50 km/h festgestellt.

Die maßgeblichen Verkehrszeichen (Zeichen 274 StVO) waren deutlich sichtbar angebracht – ca. 68 Meter vor der Messstelle. Die Messung wurde zudem fotografisch dokumentiert, das Verfahren entsprach den Anforderungen eines standardisierten Messverfahrens.


Vorbelastung und Einlassung des Betroffenen

Der Betroffene war verkehrsrechtlich nicht unbeschrieben. Zwei frühere Einträge im Fahreignungsregister – darunter ein Rotlichtverstoß mit Fahrverbot – lagen vor.

Zur Begründung seines Handelns trug er vor, seine Ehefrau habe sich beim Kochen eine tiefe Schnittwunde am Finger zugezogen. Aufgrund starker Blutung und einer früheren schlechten Erfahrung mit dem Rettungsdienst habe er entschieden, sie selbst ins Krankenhaus zu fahren – aus Sorge, aber auch in der Annahme, schneller Hilfe leisten zu können.


Keine Rechtfertigung durch Notstand

Das Gericht hat ausführlich geprüft, ob die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands (§ 16 OWiG) vorlagen – und dies verneint:

  • Eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben konnte nicht festgestellt werden. Die Verletzung war zwar unangenehm und schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich.

  • Eine andere Handlungsmöglichkeit – insbesondere der Notruf – hätte dem Betroffenen objektiv zur Verfügung gestanden.

  • Auch unter Berücksichtigung seiner emotionalen Belastung war die Selbstfahrt mit 80 km/h durch eine 30er-Zone nicht angemessen, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer.

Das Gericht wies darauf hin, dass eine ex-ante-Betrachtung durch einen sachkundigen Dritten maßgeblich sei – nicht die subjektive Einschätzung eines in der Situation emotional überforderten Betroffenen.


Rechtsfolgen: Geldbuße und Fahrverbot

Das Amtsgericht verhängte eine Geldbuße in Höhe von 235 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Dabei hielt es ausdrücklich fest, dass es sich um einen Regelfall handele, bei dem ein Fahrverbot regelmäßig anzuordnen sei (§ 25 Abs. 1 StVG i. V. m. § 4 Abs. 1 BKatV).

Ein Absehen vom Fahrverbot kam aus Sicht des Gerichts nicht in Betracht. Die Tat sei nicht ausnahmsweise weniger schwerwiegend, und es lägen auch keine persönlichen Umstände vor, die eine besondere Härte begründen würden.

Auch eine Erhöhung der Geldbuße anstelle des Fahrverbots wurde abgelehnt – das Verhalten des Betroffenen weise keine relevanten Besonderheiten auf, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen könnten.


Einordnung: Maß und Mitte im Straßenverkehr

Das Urteil zeigt exemplarisch, dass Gerichte bei Geschwindigkeitsverstößen innerhalb geschlossener Ortschaften klare Maßstäbe anlegen. Selbst wenn nachvollziehbare menschliche Motive vorgetragen werden – wie hier die Sorge um die Ehefrau –, steht die objektive Gefährdungslage im Vordergrund. Wer eine zulässige Geschwindigkeit derart überschreitet, muss mit den entsprechenden rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Auch macht die Entscheidung deutlich, dass ein subjektives Gefühl der Dringlichkeit nicht genügt. Vielmehr kommt es darauf an, ob eine Gefahr tatsächlich gegenwärtig war und ob sie nicht auf andere, weniger gefährdende Weise hätte abgewendet werden können.


Fazit

Eine gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung aus subjektiv empfundener Notlage heraus kann verständlich, aber rechtlich nicht entschuldbar sein. Das Amtsgericht Frankfurt hat mit nachvollziehbarer Begründung ein Fahrverbot verhängt – und damit die Rechtsprechung zur Gefahrenabwehr und Verkehrssicherheit konsequent angewendet.

Wenn Sie von einer Bußgelderhöhung betroffen sind oder ein Fahrverbot droht, sprechen Sie uns gern an. Wir vertreten Mandantinnen und Mandanten bundesweit im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht – fundiert, strategisch und mit klarem Blick auf das Ergebnis.

Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas Brunow AnscheinsbeweisRechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

Dank seiner langjährigen Erfahrung und seiner Tätigkeit als Vertrauensanwalt des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandesgenießt er großes Vertrauen in der Automobilbranche. Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Leistungen von Rechtsanwalt Thomas Brunow:

✔ Schadenregulierung nach Verkehrsunfällen – Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen.
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Mit Fachwissen, Erfahrung und Durchsetzungsstärke sorgt Rechtsanwalt Thomas Brunow für eine effektive Vertretung im Verkehrsrecht.

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Warum Unfallflucht auch versicherungsrechtlich teuer enden kann

Fahrerflucht Unfallflucht

Wenn Flucht teuer wird – Warum Unfallflucht auch versicherungsrechtlich teuer enden kann

Viele Autofahrer unterschätzen die weitreichenden Folgen einer Unfallflucht. Nicht nur strafrechtlich drohen empfindliche Konsequenzen – auch zivilrechtlich und versicherungsrechtlich kann ein solches Verhalten erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen. Ein aktueller Fall zeigt, wie teuer es werden kann, wenn man nach einem Unfall einfach weiterfährt.

Ein Autofahrer verursachte in einer deutschen Großstadt einen erheblichen Schaden an einer baulichen Einrichtung, indem er mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn abkam. Obwohl die Kollision offensichtlich war und ein Schaden im fünfstelligen Bereich entstand, verließ der Fahrer den Unfallort, ohne die Polizei zu rufen oder sonstige Feststellungen zu ermöglichen.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte den Schaden zunächst vollständig gegenüber dem Geschädigten. Danach verlangte sie jedoch vom eigenen Versicherungsnehmer die Rückzahlung eines Teilbetrags in Höhe von 5.000 Euro – gestützt auf die allgemeinen Versicherungsbedingungen. Dort ist regelmäßig geregelt, dass der Versicherer im Fall einer vorsätzlichen Verletzung von Obliegenheiten, wie etwa dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort, bis zu einer bestimmten Höhe Regress nehmen kann.

Der Fahrer weigerte sich zu zahlen. Er führte an, die Schwere des Schadens nicht erkannt zu haben, und bestritt, dass sein Verhalten die Regulierung des Schadens beeinträchtigt hätte. Die Versicherung argumentierte hingegen, dass gerade durch das unerlaubte Entfernen von der Unfallstelle mögliche Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt nicht mehr überprüft werden konnten. Damit habe der Fahrer auch die Möglichkeit vereitelt, dass der Versicherer – bei einem etwaigen Alkoholkonsum – einen erweiterten Regress hätte geltend machen können.

Das zuständige Amtsgericht folgte der Argumentation der Versicherung. Es stellte fest, dass der Fahrer seine vertraglichen Pflichten verletzt habe. Besonders ins Gewicht fiel dabei, dass der Fahrer selbst einräumte, sich vorrangig um sein Fahrzeug und mögliche öffentliche Reaktionen gesorgt zu haben – und nicht um die gebotene Klärung des Schadens. Das Gericht wertete dies als vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflichten aus dem Versicherungsvertrag. Es sei unerheblich, ob der Schaden für den Fahrer subjektiv als schwerwiegend erkennbar war – entscheidend sei, dass er sich bewusst vom Unfallort entfernte, ohne seiner Anzeigepflicht nachzukommen.

Der Fall zeigt eindrücklich, dass eine Unfallflucht nicht nur strafrechtlich riskant ist. Auch versicherungsrechtlich droht eine spürbare finanzielle Belastung. Versicherer haben in solchen Fällen regelmäßig das Recht, einen Teil des regulierten Schadens zurückzufordern. Zudem können mögliche Beweismittel – etwa zur Klärung einer Alkoholisierung – verloren gehen, was wiederum zu einer Beweislastumkehr zulasten des Fahrers führen kann.

Fazit: Wer sich vom Unfallort entfernt, riskiert neben den strafrechtlichen Konsequenzen auch zivilrechtliche Regressansprüche. Auch die eigene Versicherung kann zur Kasse bitten – und das durchaus spürbar. Ein kurzer Moment der Flucht kann am Ende teuer werden. Wer nach einem Unfall richtig handelt, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch seine rechtlichen und finanziellen Interessen.

Verteidigung bei illegalem Straßenrennen: Anforderungen an den Nachweis von bedingtem Vorsatz

Straßenrennen

Bei schweren Unfällen bei einem illegalem Straßenrennen steht oft die Frage im Mittelpunkt, ob ein bedingter Verletzungs-, Tötungs- oder Gefährdungsvorsatz des Fahrers vorlag. Zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) aus den Jahren 2024 und 2025 bringen wichtige Klarstellungen für die Anforderungen an die Beweiswürdigung.

Gerade bei der Verteidigung in Verkehrsstrafverfahren sind diese Grundsätze von großer Bedeutung. Wir fassen die Entscheidungen übersichtlich zusammen.


Bedingter Vorsatz im Verkehrsstrafrecht: Was bedeutet das?

Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Täter den Erfolg seiner Handlung – etwa eine Körperverletzung oder den Tod eines Menschen – als mögliche Folge seines Verhaltens erkennt (Wissenselement) und ihn entweder billigend in Kauf nimmt oder sich mit ihm abfindet (Willenselement).

Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter ernsthaft darauf vertraut, dass der schädliche Erfolg nicht eintreten wird.

Im Straßenverkehr, insbesondere bei illegalen Rennen, ist die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit oft schwierig – und entscheidend für das Strafmaß.


1. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2024 – Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes bei illegalem Straßenrennen mit Todesfolge

In dem Verfahren vor dem Landgericht Landau in der Pfalz hatte ein junger Fahrer sein Fahrzeug bei Starkregen mit mindestens 179 km/h auf nasser Fahrbahn beschleunigt und war in einer Kurve wegen Aquaplanings verunglückt. Zwei seiner Mitfahrer starben.

Das Landgericht hatte bedingten Körperverletzungs- und Gefährdungsvorsatz angenommen. Der BGH hob die Verurteilung jedoch teilweise auf:

  • Das Landgericht habe nicht tragfähig festgestellt, dass der Fahrer sich der konkreten Gefahr bewusst war.

  • Es fehle eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass der Fahrer sich selbst erheblich gefährdete– was gegen einen Vorsatz sprechen könnte.

  • Die bloße Bezugnahme auf die objektive Gefährlichkeit der Fahrweise reiche nicht: Eine individuelle Vorsatzprüfung unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters sei notwendig.

Ergebnis: Die Beweiswürdigung genügte den hohen Anforderungen des BGH nicht. Der Fall wurde zur neuen Verhandlung an eine andere Jugendkammer zurückverwiesen.


2. BGH, Urteil im „Moeser-Raser-Fall“ – Bedingter Tötungs- und Gefährdungsvorsatz bei illegalem Straßenrennen

In einem weiteren, besonders aufsehenerregenden Fall („Moeser-Raser-Fall“) hatte der Angeklagte bei einem innerstädtischen Straßenrennen mit 167 km/h auf der Gegenfahrbahn eine Vollbremsung eingeleitet, als ein Fahrzeug aus einer Seitenstraße kam – dennoch kam es zu einer tödlichen Kollision.

Das Landgericht hatte einen bedingten Tötungsvorsatz bei dem Straßenrennen verneint, aber bedingten Gefährdungsvorsatz bejaht (§ 315d Abs. 2 StGB).

Der BGH beanstandete dies:

  • Die Ausführungen des Landgerichts stünden in einem unaufgelösten Widerspruch: Einerseits sei der Angeklagte sich der tödlichen Gefahr bewusst gewesen, andererseits habe er darauf vertraut, es werde schon nichts passieren.

  • Das Willenselement des Vorsatzes – die Billigung des Erfolges – sei unzureichend geprüft worden.

  • Auch die Annahme eines bedingten Gefährdungsvorsatzes sei nicht tragfähig, weil nicht klar festgestellt worden sei, welche konkreten Beinaheunfallszenarien sich der Angeklagte vorgestellt habe.

Ergebnis: Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wurde das Urteil aufgehoben. Das neue Tatgericht muss präzisere Feststellungen treffen.


Zusammenfassung: Strenge Anforderungen an die Feststellung bedingten Vorsatzes bei illegalem Straßenrennen

Die aktuelle BGH-Rechtsprechung macht deutlich:

  • Objektive Gefährlichkeit alleine reicht nicht aus. Es muss ermittelt werden, ob der Fahrer subjektiv die Gefährlichkeit erkannt und billigend in Kauf genommen hat.

  • Die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit ist eine Frage der konkreten Tatsituation und der inneren Einstellung des Fahrers.

  • Eigengefährdung des Täters spricht grundsätzlich gegen einen Vorsatz.

  • Widersprüchliche Beweiswürdigung führt zur Aufhebung von Urteilen.

Besonders bei illegalen Straßenrennen, aber auch bei extremen Verkehrsdelikten ohne explizite Abrede, ist die genaue Prüfung des subjektiven Tatbestandes entscheidend.


Unsere Kanzlei – Ihre Experten für Verkehrsstrafrecht

Unsere Kanzlei ist auf anspruchsvolle Fälle im Verkehrsstrafrecht spezialisiert. Wir beraten und verteidigen Sie umfassend in Verfahren wegen:

  • Verbotenes Straßenrennen (§ 315d StGB)

  • Gefährdung des Straßenverkehrs

  • Fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung

  • Verdacht auf bedingten Tötungs- oder Verletzungsvorsatz

Mit fundierter Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung und langjähriger Prozesserfahrung setzen wir uns kompetent für Ihre Rechte ein.

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Bußgelderhöhung durch Nachtatverhalten

Straßenrennen

Bußgelderhöhung durch Nachtatverhalten – worauf Betroffene achten sollten

Wer im Straßenverkehr eine Ordnungswidrigkeit begeht, muss mit einer Geldbuße rechnen. Was viele jedoch nicht wissen: Nicht nur der eigentliche Verstoß, etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung, kann die Höhe des Bußgeldes beeinflussen. Auch das Verhalten nach der Tat kann bei der Bemessung berücksichtigt werden – etwa während der Polizeikontrolle oder im weiteren Verlauf des Verfahrens. In der juristischen Praxis spricht man vom sogenannten Nachtatverhalten. Dieses kann im Einzelfall zu einer spürbaren Erhöhung der Geldbuße führen.

Ein aktueller Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 10. März 2025 (Az. 3 ORbs 20/25) verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist. Der Betroffene hatte innerorts deutlich zu schnell gefahren, in zwei Fällen wurden Geschwindigkeitsüberschreitungen von 33 km/h bzw. 23 km/h festgestellt. Zudem führte er die Zulassungsbescheinigung Teil I nicht mit. Das Verhalten während der Kontrolle war aus Sicht des Gerichts auffällig: Der Mann zeigte sich provokativ, verweigerte zunächst Anweisungen und äußerte sich abschätzig gegenüber den Beamten. Das Amtsgericht wertete dieses Auftreten als Ausdruck mangelnder Einsicht und erhöhte die Regelgeldbußen um jeweils 25 %. Die Entscheidung wurde vom Kammergericht im Wesentlichen bestätigt.

Rechtlich ist diese Frage im Ordnungswidrigkeitengesetz geregelt. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG ist bei der Höhe der Geldbuße insbesondere der sogenannte „Vorwurf, der den Täter trifft“ zu berücksichtigen. Dieser Begriff ist weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die Umstände der Tat selbst, sondern auch das Verhalten danach – sofern es Rückschlüsse auf die Einstellung des Betroffenen zur Rechtsordnung zulässt. Zeigt sich jemand einsichtig und kooperativ, kann das bußgeldmindernd wirken. Tritt er dagegen respektlos oder aggressiv auf, kann dies bußgelderhöhend berücksichtigt werden.

Wichtig ist allerdings, dass nicht jedes Verhalten zu einer Erhöhung führen darf. Das Gericht hat sorgfältig zu prüfen, ob das Nachtatverhalten lediglich Ausdruck zulässiger Verteidigung ist. Schweigen zum Tatvorwurf, ein einfaches Bestreiten oder das Inanspruchnehmen anwaltlicher Hilfe dürfen selbstverständlich nicht negativ gewertet werden. Anders ist es, wenn sich der Betroffene bewusst unkooperativ, provokativ oder beleidigend verhält. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung zunehmend dazu über, dies bei der Bußgeldhöhe zu berücksichtigen. Grundlage ist dabei stets der Zweck der Geldbuße: Sie soll nicht nur das begangene Fehlverhalten sanktionieren, sondern den Betroffenen auch zur Beachtung der Verkehrsregeln in Zukunft anhalten.

In der Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, ob die erhobenen Vorwürfe zum Nachtatverhalten überhaupt ausreichend dokumentiert sind. Aussagen von Polizeibeamten müssen konkret sein. Pauschale Hinweise auf „patziges Verhalten“ reichen nicht. Auch darf das Gericht keine rein rechnerische Erhöhung der Geldbuße vornehmen – etwa in Form einer festen Prozentzahl. Vielmehr ist im Einzelfall eine angemessene Bewertung vorzunehmen. Das Kammergericht betont in seiner Entscheidung, dass es keine mathematische Formel geben darf. Die Erhöhung muss begründet und verhältnismäßig sein.

Für Betroffene bedeutet das: Wer sich bei einer Verkehrskontrolle sachlich und ruhig verhält, kann negative Folgen vermeiden – selbst wenn er die Kontrolle als ungerecht empfindet. Die eigentliche rechtliche Auseinandersetzung beginnt erst im Anschluss. Wer glaubt, dass ein Bußgeld zu hoch ist oder rechtswidrig festgesetzt wurde, sollte sich frühzeitig anwaltlich beraten lassen. Denn nicht jede Bußgelderhöhung aufgrund angeblichen Nachtatverhaltens ist auch rechtlich haltbar.

Unsere Kanzlei prüft für Sie, ob die Voraussetzungen für eine Bußgelderhöhung überhaupt vorlagen. Wir klären, ob sich die Erhöhung auf zulässige Erwägungen stützt oder ob gegen das Gebot des fairen Verfahrens verstoßen wurde. Auch eine unangemessen hohe Geldbuße kann angreifbar sein – etwa wenn sie ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen festgesetzt wurde.

Ein weiteres wichtiges Thema ist das Zusammenspiel von Geldbuße und Fahrverbot. Oft kann das Gericht nicht nur eine höhere Geldbuße, sondern auch ein Fahrverbot verhängen. In vielen Fällen kann jedoch erreicht werden, dass zumindest von einem Fahrverbot abgesehen wird – etwa bei drohender Existenzgefährdung oder besonderem beruflichem Bedarf. Auch hier gilt: Frühzeitige anwaltliche Beratung ist entscheidend.

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Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

Nachfahren

Freispruch wegen fehlerhafter Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren

Urteil vom 17.10.2024 – AG Dortmund, Az. 729 OWi-267 Js 1305/24-100/24

Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Dortmund befasst sich mit einem häufig unterschätzten Aspekt im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht: der Unverwertbarkeit einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren, wenn grundlegende Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Das Gericht sprach die Betroffene vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung frei – ein Urteil mit Signalwirkung.


Was war passiert?

Der Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 22. April 2024 gegen 0:20 Uhr auf der B 236 in Dortmund, im Bereich des Tunnels Wambel, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erheblich überschritten zu haben. Nach Abzug einer Toleranz sollte eine Geschwindigkeit von 112 km/h festgestellt worden sein – ein Verstoß, der in der Regel mit einem Bußgeld sowie einem Punkt in Flensburg geahndet wird.

Die Messung erfolgte durch Nachfahren über eine Strecke von etwa 1,5 Kilometern durch ein ziviles Polizeifahrzeug – und genau hier liegt das Problem.


Die Messung durch Nachfahren – was lief schief?

Zwar war unstreitig, dass die Betroffene zum Tatzeitpunkt im Tunnel unterwegs war, jedoch konnte das Amtsgericht keine verwertbare Geschwindigkeitsmessung feststellen. Die Polizei hatte folgende Methode angewendet:

  • Nachfahren über die volle Tunnellänge

  • Schätzung der Geschwindigkeit anhand des Tachometers eines nicht geeichten Fahrzeugs

  • Beobachtung des Abstands zwischen dem Polizeifahrzeug und dem vorausfahrenden Fahrzeug

Das Gericht stellte in seiner Urteilsbegründung jedoch erhebliche Widersprüche zwischen der Aussage des Zeugen (Polizeibeamter) und dem offiziellen Messprotokoll fest:

  • Während der Zeuge von einem konstanten Abstand von ca. 200 m sprach, war im Protokoll ein Abstand von nur 50 m vermerkt.

  • Der Zeuge beschrieb eine Geschwindigkeit von etwa 140 km/h ± 5 km/h, während im Protokoll eine feste Geschwindigkeit von 140 km/h ohne Schwankung angegeben war.

  • Laut Protokoll soll sich der Abstand vergrößert haben – entgegen der Aussage des Zeugen, der von einem gleichbleibenden Abstand sprach.

Diese Unstimmigkeiten führten zu der Frage, ob überhaupt eine standardkonforme Nachfahrmessung durchgeführt wurde oder lediglich eine subjektive Schätzung, die im Nachhinein dokumentiert wurde.


Warum war die Messung durch Nachfahren unverwertbar?

Das Amtsgericht Dortmund stellte klar: Eine Messung durch Nachfahren muss bestimmten Anforderungen genügen, um vor Gericht verwertbar zu sein. Dazu gehört insbesondere:

  • Ein geeichter Tachometer

  • Dokumentation des Abstands

  • Konsistenz zwischen Aussage und Protokoll

  • Plausibilitätsprüfung z. B. durch Weg-Zeit-Berechnung

Im vorliegenden Fall fehlten alle diese Elemente oder waren widersprüchlich dokumentiert. Das Gericht konnte nicht einmal sicher feststellen, dass überhaupt eine echte Nachfahrmessung im juristischen Sinne stattgefunden hat. Vielmehr erschien es möglich, dass lediglich eine subjektive Geschwindigkeitsschätzung in die Akten eingegangen war.

Da keine verwertbare Grundlage für eine Geschwindigkeitsfeststellung vorlag, kam es aus tatsächlichen Gründen zum Freispruch (§ 46 OWiG i. V. m. § 467 StPO). Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.


Fazit: Eine Geschwindigkeitsmessung ist nur so gut wie ihre Dokumentation

Das Urteil zeigt exemplarisch, dass auch vermeintlich „einfache“ Verkehrsverstöße wie eine Geschwindigkeitsüberschreitung rechtlich hochkomplex werden können, wenn die Messung nicht korrekt durchgeführt oder dokumentiert wurde.

Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren sind besonders fehleranfällig, da sie keine standardisierte Messmethode wie etwa durch stationäre Blitzer darstellen. Gerade bei nicht geeichten Fahrzeugen und fehlender Videoaufzeichnung kann eine Verurteilung allein auf Basis polizeilicher Schätzungen angreifbar sein.


Bußgeldbescheid nie ungeprüft akzeptieren

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Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas Brunow Anscheinsbeweis

Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

Dank seiner langjährigen Erfahrung und seiner Tätigkeit als Vertrauensanwalt des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandesgenießt er großes Vertrauen in der Automobilbranche. Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Leistungen von Rechtsanwalt Thomas Brunow:

Schadenregulierung nach Verkehrsunfällen – Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen.
Verteidigung in Verkehrsstrafsachen – Spezialisierung auf Trunkenheitsfahrten, Fahrerflucht, Nötigung und Körperverletzung im Straßenverkehr.
Verteidigung in Bußgeldverfahren – Umfassende Expertise bei Geschwindigkeitsverstößen, Rotlichtvergehen und Fahrtenbuchauflagen.

Mit Fachwissen, Erfahrung und Durchsetzungsstärke sorgt Rechtsanwalt Thomas Brunow für eine effektive Vertretung im Verkehrsrecht.

📍 Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner
📍 Eichendorffstraße 14, 10115 Berlin
📞 Telefon: 030 226357113

Anscheinsbeweis bei „berührungslosen Unfällen“

Verkehrsunfall Anscheinsbeweis

Erweiterung des Anscheinsbeweis es auf „berührungslose Unfälle“

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 2024 stellt eine bemerkenswerte Erweiterung der bisherigen Rechtsprechung dar, indem es den Anscheinsbeweis auch auf „berührungslose Unfälle“ ausweitet. Traditionell wird der Anscheinsbeweis in Verkehrsunfällen in Fällen verwendet, bei denen ein Fahrzeug auffährt und typischerweise davon auszugehen ist, dass der Auffahrende entweder den Abstand nicht eingehalten oder unaufmerksam war. Doch was passiert, wenn ein Unfall geschieht, ohne dass es zu einer Kollision zwischen den Fahrzeugen kommt, jedoch ein Fahrfehler oder ein plötzliches Bremsmanöver die Ursache des Unfalls war?

Das Urteil verdeutlicht, dass auch hier der Anscheinsbeweis greifen kann. Im vorliegenden Fall führte der Kläger ein starkes Abbremsen durch, nachdem der vorausfahrende Pkw stark abbremste, um einer entgegenkommenden Fahrzeugführerin auszuweichen. Der Kläger stürzte, weil er mit seinem Motorrad ins Rutschen geriet, ohne dass eine Kollision mit dem vorausfahrenden Fahrzeug stattfand. Obwohl es in diesem Fall nicht zu einem Aufprall kam, ist die Art und Weise, wie der Kläger auf das Verhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs reagierte, entscheidend für die Haftung und führt zur Anwendung des Anscheinsbeweises.

Typische Fälle, in denen der Anscheinsbeweis greift

Typischerweise wird der Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen angewendet, bei denen der Auffahrende für den Unfall verantwortlich gemacht wird. Dabei stellt sich die Frage, ob der Fahrer den notwendigen Sicherheitsabstand eingehalten hat, ob er unaufmerksam war oder mit unangepasster Geschwindigkeit fuhr. Diese Elemente sind in der Verkehrspraxis häufig und führen dazu, dass der erste Anschein der Schuld beim Auffahrenden liegt.

Doch was passiert bei „berührungslosen Unfällen“? Die Antwort darauf gibt der BGH mit diesem Urteil: Der Anscheinsbeweis kann auch hier angewendet werden, wenn es einen typischen Unfallverlauf gibt. In diesem Fall wird angenommen, dass das Fahrverhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs die Reaktion des nachfolgenden Fahrzeugs (des Klägers) beeinflusste, auch wenn es zu keiner direkten Kollision kam. Der Kläger bremste, und das Motorrad geriet ins Rutschen – ein klassisches Beispiel für eine „reaktive Reaktion“ auf das Verhalten eines anderen Fahrzeugs.

Anscheinsbeweis – mehr als nur eine Theorie

Der Anscheinsbeweis ist keine theoretische Hypothese, sondern ein praktisches Instrument zur Feststellung der Haftung. Er basiert auf der Erfahrung und der Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Ereignisse in der Regel bestimmte Ursachen nach sich ziehen. In Verkehrsunfällen führt dieser Beweis in vielen Fällen dazu, dass der hintere Fahrzeugführer für den Unfall verantwortlich gemacht wird, wenn er in typischer Weise unaufmerksam oder zu schnell unterwegs war. Durch das Urteil des BGH wird nun auch klar, dass dieser Beweis auf „berührungslose Unfälle“ ausgeweitet wird, in denen keine Kollision stattfindet, aber dennoch ein Fehler im Fahrverhalten des Hintermanns zu einem Unfall führt.

Das bedeutet für die Praxis, dass Anwälte und Versicherer bei der Beurteilung von Unfallursachen auch dann von einem Anscheinsbeweis ausgehen können, wenn die Fahrzeuge nicht miteinander kollidiert sind. Wenn der Unfall durch das Fahrverhalten des Vorausfahrenden (zum Beispiel durch plötzliches Abbremsen) ausgelöst wurde und der Hintermann eine untypische oder unangemessene Reaktion darauf zeigte (zum Beispiel durch eine Vollbremsung und den darauf folgenden Sturz), ist der Anscheinsbeweis ein wertvolles Mittel zur Klärung der Haftungsfrage.

Betriebsgefahr – Ein weiterer Schlüsselbegriff im Urteil

Das Urteil des BGH befasst sich auch intensiv mit der sogenannten Betriebsgefahr, die einem Fahrzeug bei einem Unfall zugeordnet wird. Diese Betriebsgefahr bezieht sich auf das Risiko, das durch den Betrieb eines Fahrzeugs entsteht, und welches auch dann haftbar gemacht werden kann, wenn der Unfall ohne direkte Kollision geschieht. Der BGH stellt klar, dass ein Schaden bereits dann als „bei dem Betrieb“ eines Kfz entstanden gilt, wenn sich die Gefahren des Kfz im Unfallgeschehen ausgewirkt haben.

In diesem Fall war die Betriebsgefahr des Pkw, der vor dem Kläger fuhr, maßgeblich, da dessen plötzliches Abbremsen (aufgrund des entgegenkommenden Fahrzeugs) den Kläger zu einer Bremsung veranlasste, die letztlich zum Sturz führte. Auch wenn es zu keinem direkten Kontakt mit dem Fahrzeug des Vorausfahrenden kam, führte dessen Fahrweise dennoch dazu, dass der Kläger einen Fahrfehler beging, der zum Unfall führte. Daher kann die Betriebsgefahr des vorausfahrenden Fahrzeugs auch in einem solchen Fall zugerechnet werden.

Bedeutung für die Schadensregulierung und Haftungsquote

Das Urteil zeigt, dass nicht nur direkte Kollisionen zur Haftung führen können, sondern auch „berührungslose“ Unfälle. Für die Schadensregulierung bedeutet das, dass bei Unfällen, bei denen der Geschädigte aufgrund der Fahrweise eines anderen Fahrzeugs stürzt, auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Vorausfahrenden zur Haftung herangezogen werden kann.

Die Haftungsquote muss dabei im Einzelfall abgewogen werden. So stellt der BGH klar, dass der Kläger hier selbst einen Fehler begangen hat, indem er auf das starke Abbremsen des Vorausfahrenden mit einer Vollbremsung reagierte, was letztlich zu seinem Sturz führte. Dennoch war die Betriebsgefahr des vorausfahrenden Fahrzeugs nicht zu vernachlässigen. Das Berufungsgericht hatte eine Haftungsquote von 40 % zugunsten des Klägers festgelegt, was durch das Urteil des BGH bestätigt wurde, jedoch auch zu einer weiteren Prüfung der genauen Haftungssituation führte.

Fazit: Ein wegweisendes Urteil für die Praxis

Das Urteil des BGH vom 3. Dezember 2024 erweitert den Anscheinsbeweis auf Fälle von berührungslosen Unfällen und zeigt die Bedeutung der Betriebsgefahr im Verkehrsunfallrecht. Es verdeutlicht, dass bei Verkehrsunfällen nicht nur die direkte Kollision eine Rolle spielt, sondern auch die Auswirkungen des Fahrverhaltens eines anderen Fahrzeugs auf den Unfallhergang. Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren und umfassenderen Haftungsbeurteilung bei Verkehrsunfällen, insbesondere bei den immer häufiger werdenden Fällen, in denen Fahrzeuge ohne direkten Kontakt miteinander zu Unfällen führen.

Für Anwälte, Versicherer und Verkehrsteilnehmer ist dieses Urteil von entscheidender Bedeutung, da es eine klare Linie für die Haftungsbewertung bei berührungslosen Unfällen aufzeigt und die Praxis im Umgang mit der Betriebsgefahr und dem Anscheinsbeweis entscheidend beeinflussen wird. Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil zu einer Vielzahl von Folgeentscheidungen führen wird, die die Haftungsfrage bei Unfällen ohne direkte Kollision weiter präzisieren.

Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas Brunow AnscheinsbeweisRechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

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Obliegenheitsverletzung in der Kaskoversicherung

Kaskoversicherung

Obliegenheitsverletzung in der Kaskoversicherung: Späte Unfallmeldung und Arglist

1. Verpflichtungen des Versicherungsnehmers nach einem Unfall

Nach einem Verkehrsunfall ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistungspflicht der Versicherung erforderlich ist. Dies umfasst insbesondere die unverzügliche Meldung des Schadens, das Bereitstellen von Informationen und gegebenenfalls die Sicherung von Beweisen. Kommt der Versicherungsnehmer dieser Obliegenheit nicht nach, riskiert er eine Kürzung oder gar den Verlust seines Versicherungsschutzes. Besonders kritisch ist das Verlassen der Unfallstelle, ohne eine umgehende Schadenmeldung zu erstatten.

Ein bedeutender Aspekt ist die zeitnahe Meldung des Unfalls an die Versicherung. Verzögerungen können dazu führen, dass der Versicherer den Schaden nicht mehr vollumfänglich nachvollziehen kann, insbesondere wenn mögliche Beweise bereits verloren gegangen sind oder nicht mehr in der ursprünglichen Form vorliegen. Dies kann im Schadensfall erhebliche Konsequenzen haben und zu einer Leistungsverweigerung durch den Versicherer führen.

2. Späte Unfallmeldung und deren Folgen

Eine wesentliche Verletzung der Aufklärungspflicht liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden nicht unverzüglich meldet. Das durch § 142 Abs. 2 StGB geschützte Aufklärungsinteresse des Versicherers wird nur gewahrt, wenn die Meldung entweder direkt bei der Versicherung oder einem berechtigten Vertreter erfolgt. Die Benachrichtigung eines unabhängigen Versicherungsmaklers, der nicht als Vertreter des Versicherers gilt, genügt nicht den Anforderungen an eine rechtzeitige Schadensmeldung. Erfolgt die Weiterleitung der Information verzögert, kann dies dazu führen, dass der Versicherer leistungsfrei wird.

Im Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az. 5 U 102/23, Urteil vom 31. Juli 2024, VersR 2024, 1536 = RuS 2024, 847) wurde entschieden, dass eine späte Meldung des Versicherungsnehmers, insbesondere nach Verlassen der Unfallstelle, als Obliegenheitsverletzung zu werten ist. Die Mitteilung an einen Versicherungsmakler stellt dabei keinen hinreichenden Ersatz für die direkte Information des Versicherers dar.

3. Arglistige Obliegenheitsverletzung bei der Kaskoversicherung

Ein Versicherungsnehmer handelt arglistig, wenn er bewusst Feststellungen zum Unfallhergang vereitelt. Ein klassisches Beispiel ist ein Fahrer, der nach einem Unfall keine Unbeteiligten hinzuzieht, sein stark beschädigtes Fahrzeug in Eigenregie entfernt und den Vorfall verspätet der Polizei meldet, ohne eine nachvollziehbare Begründung für die Verzögerung zu liefern. Wird die Schadenmeldung zudem nur durch einen Versicherungsmakler übermittelt, von dem der Versicherungsnehmer weiß, dass die Meldung nicht umgehend an die Versicherung weitergegeben wird, kann dies ebenfalls als arglistig gewertet werden.

Eine arglistige Obliegenheitsverletzung führt dazu, dass die Kaskoversicherung von jeglicher Leistungspflicht befreit ist, selbst wenn der Schaden an sich versichert gewesen wäre. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Versicherungsnehmer den Unfall unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln verursacht hat – allein die bewusste Verhinderung der Feststellung ist entscheidend.

In dem genannten Fall vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken (Az. 5 U 102/23) lag eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vor, da der Versicherungsnehmer den Unfallhergang verzögert meldete und zudem unzutreffende Angaben zu den Geschehnissen machte. Dadurch war es dem Versicherer unmöglich, relevante Feststellungen zum Unfallgeschehen vorzunehmen, insbesondere im Hinblick auf mögliche Fahrfehler oder den Einfluss von Alkohol oder anderen Rauschmitteln.

4. Rechtsprechung zur Obliegenheitsverletzung bei der Kaskoversicherung

Gerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass eine späte Unfallmeldung oder falsche Angaben zur Schadensentstehung den Versicherungsschutz entfallen lassen können. So kann eine verspätete Mitteilung an die Polizei oder der Versuch, den Unfallhergang nachträglich zu beschönigen, als vorsätzliche Obliegenheitsverletzung gewertet werden. Insbesondere wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer bewusst spät informiert, um Feststellungen zum eigenen Fehlverhalten zu verhindern, liegt Arglist vor.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. November 2012, Az. IV ZR 97/11, VersR 2013, 175), in der festgestellt wurde, dass eine verspätete Meldung des Versicherungsnehmers dann eine Obliegenheitsverletzung darstellt, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem Feststellungen zur Fahrtüchtigkeit oder zum Unfallhergang nicht mehr möglich sind. In solchen Fällen kann der Versicherer die Leistung verweigern, selbst wenn kein nachweisbarer Versicherungsbetrug vorliegt.

5. Fazit: Sorgfaltspflichten bei der Kaskoversicherung ernst nehmen

Versicherungsnehmer sollten darauf achten, nach einem Unfall umgehend die Polizei und ihre Versicherung zu informieren. Unverzügliches Handeln ist essenziell, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Besonders wichtig ist es, keine falschen oder verzögerten Angaben zu machen, da dies zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann. Wer sich seiner Pflichten bewusst ist, kann vermeiden, dass ihm der Versicherungsschutz nachträglich versagt wird.

Gerichte legen großen Wert darauf, dass Versicherungsnehmer aktiv zur Aufklärung des Unfallgeschehens beitragen. Eine verzögerte oder unvollständige Meldung kann erhebliche Konsequenzen haben und sollte unbedingt vermieden werden.

Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas BrunowRechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

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Linksabbieger gegen überholendes Motorrad

Fahrerflucht

Ein folgenschwerer Unfall: Linksabbieger gegen überholendes Motorrad

Landgericht Kiel: Urteil vom 11.10.2023, Az. 10 O 78/20

Ein schwerer Unfall zwischen einem linksabbiegenden Pkw und einem überholenden Motorradfahrer beschäftigte das Landgericht Kiel. Später befasste sich auch das Oberlandesgericht mit dem Fall. Die Entscheidung ist wichtig für Haftungsquoten, Sorgfaltspflichten und Schmerzensgeld. Themen wie doppelte Rückschaupflicht, unklare Verkehrslage und Geschwindigkeitsüberschreitung standen im Mittelpunkt.

Der Unfallhergang

Am 17.06.2018 kam es auf der Bundesstraße 4 zu einer Kollision. Ein Pkw-Fahrer wollte links abbiegen. Er setzte nach eigenen Angaben den Blinker und verringerte die Geschwindigkeit. Der Motorradfahrer hinter ihm setzte gleichzeitig zum Überholen an. Es kam zum Unfall.

Der Motorradfahrer wurde schwer verletzt. Er erlitt eine Sprengung des Schultergelenks (Rockwood 5) sowie Schürfwunden und eine Wundheilungsstörung. Seine Beweglichkeit ist dauerhaft eingeschränkt. Er kann den linken Arm nicht mehr über die Horizontalebene heben.

Streitpunkte vor Gericht

Der Pkw-Fahrer gab an, rechtzeitig geblinkt zu haben. Der Motorradfahrer bestritt dies. Er behauptete, der Blinker sei entweder gar nicht oder zu spät gesetzt worden. Unklar war auch, ob der Pkw-Fahrer die doppelte Rückschaupflicht nach § 9 Abs. 1 StVO beachtet hatte.

Ein weiteres Thema war die Geschwindigkeit des Motorradfahrers. Die Beklagte behauptete, er sei mindestens 70 km/hschnell gewesen, obwohl nur 50 km/h erlaubt waren. Der Motorradfahrer räumte eine Überschreitung auf 55-60 km/hein, bestritt aber eine höhere Geschwindigkeit.

Das Landgericht entschied auf eine Haftungsverteilung von 80 % zu Lasten des Pkw-Fahrers und 20 % zu Lasten des Motorradfahrers. Diese Bewertung beruhte auf mehreren Faktoren.

Die rechtlichen Grundlagen

1. Anscheinsbeweis gegen den Linksabbieger

Ein Unfall beim Linksabbiegen spricht für ein Verschulden des Abbiegenden. Nach § 9 Abs. 1 StVO muss er sich vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wird. Dazu gehört der Blick in den Spiegel und über die Schulter.

2. Überholen bei unklarer Verkehrslage

Laut § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO darf bei unklarer Verkehrslage nicht überholt werden. Ein langsamer werdendes Fahrzeug mit gesetztem Blinker kann eine solche Situation schaffen.

3. Geschwindigkeit des Motorradfahrers

Die Beklagte argumentierte, dass der Motorradfahrer durch seine Geschwindigkeit eine erhöhte Betriebsgefahrverursacht habe. Dies könnte zu einer höheren Haftungsquote für ihn führen.

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht Kiel entschied, dass 80 % der Haftung auf den Pkw-Fahrer entfallen. Der Motorradfahrer trägt ein 20%iges Mitverschulden. Entscheidende Punkte waren:

  • Verstoß gegen die doppelte Rückschaupflicht des Pkw-Fahrers
  • Keine klare Beweislage für eine extreme Geschwindigkeitsüberschreitung
  • Unklare Verkehrslage, die das Überholen riskant machte

Der Motorradfahrer erhielt 35.000 € Schmerzensgeld, davon wurden bereits gezahlte 6.000 € angerechnet.

Berufung und Aufhebung des Urteils

Die Beklagte legte Berufung ein. Sie argumentierte, das Landgericht habe nicht alle Beweise berücksichtigt. Vor allem ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten fehlte. Dieses hätte die Geschwindigkeit des Motorrads klären können.

Das Oberlandesgericht sah dies als Verfahrensfehler. Es hob das Urteil auf und verwies den Fall zurück an das Landgericht Kiel. Im neuen Verfahren müssen folgende Fragen geklärt werden:

  • Wie schnell war das Motorrad tatsächlich?
  • Hätte der Motorradfahrer den Unfall bei 50 km/h vermeiden können?
  • Wurde der Blinker des Pkw frühzeitig gesetzt?
  • Welche Auswirkungen hat der Unfall auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers?

Fazit

Der Fall zeigt die Komplexität von Verkehrsunfällen:

  • Anscheinsbeweis spricht meist gegen den Linksabbieger.
  • Unklare Verkehrslage kann ein Mitverschulden des Überholenden begründen.
  • Geschwindigkeit beeinflusst die Haftungsverteilung.

Das Verfahren zeigt, wie wichtig eine gründliche Beweiserhebung ist. Das neue Urteil wird künftige Entscheidungen zu ähnlichen Unfällen beeinflussen.

Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas BrunowRechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

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