Geblitzt mit dem Einseitensensor es3.0 – Der Spiegel berichtet über den Fall Oliver Kahn

Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe Nr.43 vom 22. Oktober 2012 über die Zuverlässigkeit von Geschwindigkeitsmessgeräten; insbesondere dem auf oft auf Autobahnen eingesetzten Einseitensensor Es3.0 der Firma eso. Der Artikel nimmt Bezug auf die Geschwindigkeitsmessung von Oliver Kahn, der im Jahr 2009 geblitzt wurde. Ein Sachverständiger stellte damals fest, dass die Geschwindigkeitsmessung fehlerhaft erfolgte, da nicht auszuschließen war, dass die Geschwindigkeitsmessung durch einen Lichtreflex ausgelöst wurde. Das Ergebnis des Sachverständigen wurde durch einen weiteren Sachverständigen bestätigt, der nach der Rechtsbeschwerde beim OLG beauftragt wurde. Oliver Kahns Mercedes befand sich ca. 1,5 Meter vor der so genannten Fotolinie. Also stellten sich die Sachverständigen die Frage, was denn dann die Messung ausgelöst haben könnte. Hier wurde die Messung offensichtlich durch einen Lichtreflex ausgelöst. Im Übrigen befanden sich noch 40 weitere Fahrzeuge, welche in der selben Messreihe wie Oliver Kahn gemessen wurden, in einer nicht plausiblen Position. Der Sachverständige stellte sich hier jedoch eine entscheidende Frage, nämlich, ob ein Messgerät dann noch seinen bestimmungsgemäßen Zweck entspricht, wenn nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Lichtreflexe Messungen auslösen und am Ende nicht mehr festgestellt werden kann, was für die Messung verantwortlich war. Der Hersteller, die Firma eso, hält die Annahme des Sachverständigen für Unsinn. Gegenüber dem Spiegel wollte sich die Firma eso gar nicht äußern.

Das Messgerät ES3.0 wird vor allem auf Autobahnen eingesetzt. In Brandenburg finden sich die Messgeräte vor allem südlich von Berlin auf der A2, A9A10 und A115. Im Fall Oliver Kahn handelt es sich nicht um einen Prominentenbonus, sondern um ein nicht so selten vorkommendes Phänomen. Es kommt tatsächlich vor, wie der Sachverständige im Fall Oliver Kahn berichtet, dass Fahrzeuge in einer nicht plausiblen Position abgebildet werden und dann die Frage aufkommt, wer oder was die Messung ausgelöst hat. Das Fahrzeug soll sich nämlich 3 Meter hinter dem mittleren Sensorkopf befinden, sobald die Kameras ausgelöst werden (an dieser Stelle wird die so genannte Fotolinie dokumentiert). Sobald das Fahrzeug am Sensor vorbeifährt, wird eine vorläufige Geschwindigkeit ermittelt. Anhand dieser Geschwindigkeit wird ein Signal an die Kameras gesendet. Sobald sich das Fahrzeug mit der vorläufig ermittelten Geschwindigkeit drei Meter bewegt hat, werden die Kameras ausgelöst (geblitzt) und bestätigen damit wohl die vorläufige Geschwindigkeit.  Im Fall Kahn befand sich das Fahrzeug jedoch noch ganze 1,5 Meter vor der Fotolinie, bevor es geblitzt wurde.

Das Messgerät ES3.0 hat jedoch nicht nur mit dem Problem der Lichtreflexe, sondern mittlerweile gleichfalls mit dem Problem der Datensicherheit zu kämpfen.

Sie wurden  geblitzt? Unsere Verkehrsrechtsexperten schauen sich Ihre Messung vorab kostenlos an und besprechen mit Ihnen die Erfolgsaussichten sowie das weitere Vorgehen. Sollte die Geschwindigkeitsmessung in Brandenburg erfolgt sein, so kann anhand der Ihnen von der Bußgeldbehörde Gransee / Brandenburg zur Verfügung gestellten Online – Einsicht eine erste Einschätzung vorgenommen werden (Bußgeld online melden!).

Hausdurchsuchung nach Geschwindigkeitsverstoß

Grundsätzlich ist eine Hausdurchsuchung/Beschlagnahmung nach einem mit einem Blitzer erfassten Geschwindigkeitsverstoß zulässig. Allerdings muss dabei

1. eine klare [marker ]Verhältnismäßigkeit[/marker] zwischen der Schwere des Vergehens und dem Ausmaß der Maßnahme bestehen (BVerfG NJW 06, 3411) und

2. eine solche Maßnahme zielführend sein.

Letzteres bedeutet, dass eine Hausdurchsuchung oder eine Beschlagnahmung persönlicher Gegenstände der/s Betroffenen nur erfolgen kann, wenn der Tatverdächtige auf dem Messfoto (Blitzerfoto) nicht klar zu identifizieren ist und der Bußgeldrichter sich durch die o.g. Maßnahme mehr Aufschluss über die Identität (z.B. anhand auffälliger Kleidungsstücke, Physiognomie etc.) des Geblitzten erhofft. „Hausdurchsuchung nach Geschwindigkeitsverstoß“ weiterlesen

Geblitzt auf der BAB 115

Geblitzt auf der BAB 115.

Im Rahmen der Bauarbeiten auf der A115 (Avus) in Berlin führt die Polizei Brandenburg eine Geschwindigkeitskontrolle kurz vor Berlin durch. Die Geschwindigkeit ist von der sonst üblichen Beschränkung auf 120 km/h zunächst auf 100 km/h reduziert. Die Beschränkung einige Kilometer vor der Baustelle soll Auffahrunfälle durch eventuelle Rückstaus vermeiden. Ob die Beschränkung an dieser Stelle sinnvoll ist, darüber kann gestritten werden. Geblitzt wird schließlich kurz vor der

Autobahnabfahrt Kleinmachnow (siehe Bild Blitzer.de). Laut Angaben der Messbeamten soll es hier zu überdurchschnittlich vielen Verkehrsverstößen kommen. Dies liegt wohl daran, dass der Kraftfahrer entweder die Verkehrszeichen nicht wahrnimmt oder aber ein sichtlicher Grund für die Beschränkung an dieser Stelle nicht erkennbar ist, da die Baustelle noch einige Kilometer hinter der Messstelle liegt. „Geblitzt auf der BAB 115“ weiterlesen

Augenblicksversagen auf Probefahrt und Folge von Abweichungen von Verkehrsüberwachungsrichtlinien

Ein Urteil des OLG Bamberg (3 SS OWI 944/12)hat in zweierlei Hinsicht neue interessante Erkenntnisse für die Verwertbarkeit von Geschwindigkeitsmessungen und deren Sanktion gebracht.

Zum einenging es in der Entscheidung um Auswirkungen einer Abweichung von den polizeirechtlichen Verkehrsüberwachungsrichtlinien. In vorliegenden Fall wurde in einem nicht genügenden Abstand von dem die Geschwindigkeit beschränkenden Verkehrsschild gemessen. Dieser erforderliche Abstand divergiert abhängig von Bundesland zu Bundesland zwischen 150m und 200m. Ein hiergegen gerichteter Verstoß führt aber keineswegs zur Unverwertbarkeit der Messung. Allerdings kann von einem etwaig vorgesehenen Fahrverbot in solchen Fällen abgesehen werden. Liegt ein solcher Verstoß gegen die Verkehrsüberwachungsrichtlinien vor, muss das Gericht aus Sicht des OLG Bamberg noch zusätzliche Feststellungen treffen, ob die Geschwindigkeitsmessung genau an dieser Stelle aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse (etwa als Unfallschwerpunkt oder innerorts in der Nähe von Schulen) oder anderer gefahrerhöhender Umstände (etwa bei Baustellen) nicht doch sachlich angebracht war. Ist dies der Fall, kann auch nicht einfach vom Fahrverbot abgesehen werden.

Zum anderen trat in diesem Fall hinzu, dass der Betroffene eine Probefahrt mit einen ihm unbekannten  Fahrzeug unternahm, als er geblitzt wurde. Er machte daher ein Augenblicksversagen geltend.Von einem sog. Augenblicksversagen spricht man dann, wenn ein Verkehrsverstoß nicht auf einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, sondern lediglich auf einer augenblicklichen Unaufmerksamkeit beruht, die jedem sorgfältigen Verkehrsteilnehmer unterlaufen kann. Das OLG Bamberg hat dazu ausgeführt, dass bei Probefahrten mit einem neuen KfZ nicht von einem Augenblicksversagen ausgegangen werden kann. Denn hier liegt ein grob sorgfaltswidriges Verhalten vor, da jeder, der sich auf einer Probefahrt befindet, aufgrund der technisch ungewohnten und fremden Fahrsituation mit dem neuen Fahrzeug sich gerade dann besonders auf den Straßenverkehr und seine Umständen konzentrieren muss. Kommt es dennoch zu einer Geschwindigkeitsmessung, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der KfZ-Fahrer seine Aufmerksamkeit auf die Verkehrslage gerichtet hat.

Absehen von Fahrverbot bei Irrtum über Geltung von Verkehrszeichen

Jeder Verkehrsteilnehmer hat gemäß § 39 StVO aufgestellte Verkehrszeichen zu beachten. Diese gehen zudem den allgemeinen Verkehrsregeln vor. Dabei sind verschiedene Verkehrszeichen zu unterscheiden. Verkehrszeichen können Gefahrzeichen, Vorschriftszeichen, Richtzeichen und darüber hinaus Zusatzzeichen. Es ist dabei nicht ungewöhnlich, dass mehrere dieser Schilder an einer Schilderstange angebracht werden. Dem Autofahrer stellt sich dann häufig die Frage, welches Verkehrszeichen denn nun genau für ihn gilt.

Über einen solchen Fall hatte jüngst das OLG Bamberg zu entscheiden (Az.:2 SS OWI 563/12). In dem Verfahren wurde dem Betroffenen vorgeworfen, eine Geschwindigkeitsübertretung begangen zu haben. Der Betroffene hatte angegeben, eine Schilderstange mit mehreren Verkehrsschildern passiert zu haben- ganz oben ein die Geschwindigkeit begrenztes Zeichen (274), darunter ein Überholverbotszeichen (276) und ganz unten ein Zusatzzeichen der Nummer 1049-13. Dieses Zusatzzeichen bezieht sich ausschließlich auf  LKW (1048-12), Kraftomnibusse (1048-16) und PKW mit Anhänger (1048-11). Der Betroffene ging bei Wahrnehmung dieser Verkehrszeichen davon aus, dass sich sowohl die Geschwindigkeitsbegrenzung als auch das Überholverbot ausschließlich auf LKW, – Kraftomnibus,- und PKW-Anhänger-Fahrer erstrecken würde.

Tatsächlich bestimmt § 39 Abs. 3 S. 3 StVO, dass sich die Zusatzzeichen nur jeweils über das darüber befindliche Verkehrszeichen beziehen. Demnach hätte sich auch der Betroffene an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten müssen. Darüber hatte sich der Betroffene geirrt. Das Gericht sah aufgrund des Irrtums über die Geltung der Geschwindigkeitsbegrenzung, der überzeugend dargelegt wurde, von der Verhängung des Fahrverbots ab.

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach Fahrerflucht?

Wer eine Verkehrsstraftat -wie beispielsweise Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB oder Fahrerflucht gemäß § 142 StGB- begeht, kann auch schon während des Ermittlungsverfahrens in der Strafsache der Führerschein vorläufig entzogen werden, § 69 StGB. Dies geschieht in der Regel dann, wenn nach der Art und Schwere der Tat zu erwarten ist, dass dem Beschuldigten später im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen werden wird. 

Über einen solchen Fall hatte das LG Aurich jüngst in einem Beschluss zu entscheiden (12 Qs 81/12). Hier war der spätere Beschuldigte bei einem Bahnübergang gegen eine Bahnschranke gefahren. Dabei war an dem Schrankenantrieb ein Schaden von 5.600,00 € entstanden. Nachdem dem Beschuldigten zunächst Passanten zur Hilfe geeilt waren, setzte dieser seine Fahrt zu einer Werkstatt fort. Erst 40 Minuten später, nachdem eine Passantin den Unfall bei der Polizei angezeigt hatte, meldete sich der Beschuldigte persönlich auf der örtlichen Polizeidienststelle und gab seine Verantwortung für den Unfall an der Bahnschranke vollumfänglich zu. Das zuständige Amtsgericht hatte dem Beschuldigten daraufhin im laufenden Verfahren den Führerschein vorläufig entzogen.

Dieser Entscheidung trat das LG Aurich in seinem Beschluss vom 06.07.2012 entgegen. Zwar sah das Gericht den Tatbestand der Fahrerflucht als erfüllt an und damit verbunden einen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten, der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB rechtfertigen würde. Es würdigte allerdings auch das nachträgliche Aufklärungsverhalten des Beschuldigten. Aus Sicht des Gerichts war der Beschuldigte von Anfang an entschlossen, sich als Unfallverursacher erkennen zu geben und den Schaden zu begleichen. Das LG Aurich sah daher im Ergebnis von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ab.

Es sei allerdings nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte durch das vorzeitige Verlassen des Unfallortes, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen, den Tatbestand der Fahrerflucht verwirklicht hat. Wegen dieses Vergehens muss er sich weiter vor Gericht verantworten.

Geblitzt auf der BAB 10, km 166,4 Poliscan

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, auf der BAB 10 bei Kilometer 166,4 in Fahrtrichtung Berlin die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 22 km/h überschritten zu haben. Hierfür drohte ihm ein Bußgeld von 125 € (Erhöhung aufgrund Voreintragungen) sowie ein Punkt. Gegen den Bußgeldbescheid wurde Einspruch eingelegt. Gemessen wurde hier mit dem Messgerät Poliscan Speed.

Während der Hauptverhandlung wurde seitens der Vereidigung eingewandt, dass die Messung nicht korrekt erfolgte. So war
auffällig, dass der Auswerterahmen nach rechts verschoben war. Im Übrigen wurde bemängelt, dass die Rahmenhöhe die herstellerseitig angegebene Höhe überschritten hätte (dies konnte jedoch nur geschätzt werden, da eine detaillierte Überprüfung nur durch Sachverständige für Messtechnik möglich ist). Das Gericht hatte aufgrund der Einwendungen einen Sachverständigen mit der Überprüfung der Messung beauftragt. Das Messgerät Poliscan Speed war hier mit der neuen Software 1.5.5 ausgestattet. Der Sachverständige überprüfte die komplette Messreihe.

Der Sachverständige stellte fest, dass die Darstellung des Fahrzeugs unseres Mandanten auf dem Beweisfoto alle Vorgaben der Bedienungsanleitung des Geräteherstellers für das Vorliegen einer gerichtsverwertbaren Messung erfüllte. Der Auswerterahmen befand sich erkennbar auf der Höhe der Front des PKW und überdeckte dabei Teile der Fahrzeugfront und des Kennzeichens. Ferner lag die untere Begrenzung des Auswerterahmens unterhalb der Radaufstandspunkte der Vorderachse des PKW. Auch nach Durchsicht der gesamten Messreihe stellte der Sachverständige keine Messbilder fest, die auf eine fehlerhafte Messwertbildung schließen ließen.

[pullquote style=“left“]Messgerät vor Messung durch Umkippen beschädigt?[/pullquote]

Allerdings stellte der Sachverständige fest, dass der Auswerterahmen bei fast allen Fahrzeugen von im linken Fahrstreifen

fahrenden Fahrzeugen teilweise sogar deutlich nach rechts fiel. Aus sachverständiger Sicht ließen sich die Rahmenverschiebungen nach rechts nicht allein durch dynamische Querbewegungen der Fahrzeuge erklären. Als Ursache für das festgestellte Geräteschielen konnte eine mechanische Beschädigung (Umkippen des Messgeräts) nicht ausgeschlossen werden. Zwar lag nicht unbedingt eine fehlerhafte Geschwindigkeitsmessung durch den verschobenen Auswerterahmen vor, jedoch war in diesem Fall nicht mehr von einem  standardisierten Messverfahren auszugehen, da die festgestellte Rahmenverschiebung nach rechts deutlich über das zulässige Maß hinaus gingen. Damit lagen der Messung zumindest zwei Fehlerquellen zugrunde. Wäre das Messgerät tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt umgekippt, so hätte diese repariert zumindest jedoch neu geeicht werden müssen. Weder lag ein Reparaturnachweis noch eine Neueichung vor. Zum anderen lag der Schielwinkel hier in einem Bereich von über 8mrad und damit deutlich über den zulässigen Schielwinkel, so dass von einem standardisierten Messverfahren nicht mehr auszugehen war.

Der Sachverständige führte jedoch aus, dass die Unregelmäßigkeiten in der Rahmenposition nicht zur Darstellung fehlerhafter Geschwindigkeitswerte führte.

Aufgrund der vorgenannten Auffälligkeiten wurde von dem Bußgeld und der Eintragung der Punkte jedoch abgesehen und lediglich ein Verwarngeld von 35,- € ausgesprochen.

[message type=“success“]Nach Auskunft des Sachverständigen lagen bei diesem Gerät über einen längeren Zeitraum die Auffälligkeiten bei Messungen  auf der BAB 10 vor. Eine Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung ist zumindest dann in Erwägung zu ziehen, sofern Punkte drohen. Unsere Verkehrsrechtsanwälte stehen Ihnen gerne für eine kostenlose Ersteinschätzung zur Verfügung

Wie kann die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB abgewendet werden?

Das Strafgesetzbuch (StGB) sieht in § 69 StGB Regelfälle vor, in denen der Täter eines Verkehrsdelikts als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wird und ihm daher die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dies betrifft insbesondere die Fahrerflucht nach § 142, die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 und die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB. Verwirklicht der Täter eines dieser Delikte, kann ihm die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden.

  • Fahrerflucht

So sollte bei der Fahrerflucht darauf geachtet werden, wie hoch der Sachschaden des Unfalles liegt. Einige Gerichte (z.B. das OLG Dresden und OLG Hamm) sehen als Wertgrenze einen Schadensbetrag von 1.300 € vor. Ist dieser Betrag unterschritten, kann zumindest nicht nur aufgrund des Sachschadens die Fahrerlaubnis entzogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Täter die Feststellungen seiner Personalien innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall ermöglicht oder sogar unmittelbar nach der Fahrerflucht zur Unfallstelle zurückkehrt, da hier dann der Regelfall des § 69 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sein soll (so LG Gera, NZV 06, 105; LG Köln, VA 2010, 65)

 

  • Trunkenheit im Verkehr

Hat sich der Täter der Trunkenheit im Verkehr schuldig gemacht, kann die Entziehung der Fahrerlaubnis vor allem dann verhindert werden, wenn der Täter nachweisbar und ernsthaft an einer Verkehrstherapie teilgenommen hat (LG Düsseldorf, DAR 2008, 597). In Betracht kommt dann noch gegebenenfalls ein Fahrverbot von bis zu 3 Monaten. Jede nachgewiesene Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme oder an einer Suchtberatung kann die Chance erhöhen, dass die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird.

 

  • Straßenverkehrsgefährdung

Ähnliche Aspekte gelten auch für die Gefährdung des Straßenverkehrs: Auch hier kann die Teilnahme an einem Verkehrsseminar sich positiv auswirken. Positiv berücksichtigt wird auch häufig, wenn der Täter nach der Tat -vorausgesetzt, diese liegt mehrere Monate zurück- nicht mehr verkehrsrechtlich in Erscheinung tritt. Auch arbeitsrechtliche Aspekte können relevant werden, etwa wenn dem Täter als Außendienstmitarbeiter die Kündigung droht (AG Gemünden, VA 2012, 29).

Geblitzt auf der BAB 9, KM 38,1, FR Leipzig

Gransee

Bei Kilometer 38,1 auf der BAB 9 in Fahrtrichtung Leipzig besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h. Gemessen wird mit dem Einseitensensor Es3.0.

Aus sachverständiger Sicht bestehen auch bei dieser Messstelle Bedenken. Diese ergeben sich aus dem Aufbau der Messanlage, welche unter anderem aus dem Messsensor und den Kameras besteht. Die Kameras werden bei dieser Messstelle ungewöhnlich aufgestellt, so dass es dem Sachverständigen in der Regel verwehrt ist, eine Aussage darüber zu treffen, ob sich das Fahrzeug selbst mit der Fahrzeugfront an der Fotolinie befindet. Dies stellt jedoch ein wesentliches Kriterium dar, da eindeutig nachgewiesen werden muss, dass die Messung durch das Fahrzeug selbst und nicht durch andere Umstände (vorauslaufende Schatten etc.) ausgelöst wurde. Aus sachverständiger Sicht ist die Geschwindigkeitsmessung hier zumindest kritisch zu hinterfragen.

Grundsätzlich ist die Messung zumindest zweifelhaft und in Gänze zu überprüfen, sofern das Fahrzeug des Betroffenen die Fotolinie noch nicht erreicht hat. Gleiches muss jedoch gelten, wenn schon gar nicht festgestellt werden kann, ob das Fahrzeug weit vor oder an der Fotoline stand.

Das Messgerät funktioniert wie folgt:

Das Messgerät ES 3.0 (Einseitensensor) ist ein mobiler, rechnergesteuerter Einseitensensor. Die Messung der Geschwindigkeit des betroffenen Fahrzeugs erfolgt nach dem Prinzip der Weg-Zeit-Messung. Das Gerät verfügt im Sensorkopf über fünf optische Helligkeitssensoren (siehe Abbildung), die mit ihren einzelnen Einseitensensoren einen bestimmten Hintergrundausschnitt überwachen. Durchfährt ein PKW diesen Bereich, wird durch die Helligkeitsdifferenz der einzelnen Sensoren die Geschwindigkeit errechnet. Gleichzeitig wird noch der Seitenabstand des jeweiligen Fahrzeugs ermittelt. Bei einem geräteinternen Abgleich wird die Plausibilität des gemessenen Geschwindigkeitswerts überprüft.

Überschreitet ein PKW den im Voraus bestimmten Geschwindigkeitswert, wird vom Messgerät aus ein Signal an eine vom Messgerät räumlich getrennte Einrichtung gesendet. Es erfolgt sodann eine digitale Fotoauslösung, wenn sich das Fahrzeug drei Meter hinter dem mittleren Sensor, der als Messlinie fungiert, befindet; es wird in diesem Moment geblitzt. Die Stelle bzw. Linie, an der das gemessene Fahrzeug abgebildet wird, wird als sog. Fotolinie bezeichnet. Gemäß der Gebrauchsanweisung des Herstellers müssen vor Beginn der Messungen Testfotos angefertigt werden, auf denen die Fotolinie dokumentiert wird. Für die richtige Dokumentation der Fotolinie muss diese visualisiert werden. Dies erfolgt beispielsweise durch eine Farblinie, Reflexfolie, einen Kreidestrich oder in häufigen Fällen durch einen Leitkegel.

Die für die Messung zuständigen Polizeibeamten müssen den Abstand zwischen Sensorkopf und Fahrbahnrand sowie die Fahrspurbreite protokollieren. Zudem ist eine aktuelle Softwareversion des Gerätes zu verwenden. Durch entsprechende Dokumente ist zudem zu belegen, dass das Gerät geeicht ist und die zuständigen Polizeibeamten in der Bedienung des Geräts geschult sind.

Schließlich sind die Messdaten und Beweisfotos mit einer bestimmten Signierung und Verschlüsselung zu speichern. Nur dadurch kann gewährleistet werden, dass die Messfotos von einer bestimmten Messanlage stammen und nicht nachträglich verändert oder manipuliert worden sind. Ob die Messdaten gesichert sind und damit die Echtheit gewahrt ist, kann nur durch Einsicht in die Messdaten ermittelt werden.

 

Fehlerquellen

  • Wird die Kameraposition während der Messzeit verändert, müssen die messenden Polizeibeamten auch die Fotolinie erneut dokumentieren. Erfolgt dies nicht, ist auch die Plausibilität der Geschwindigkeitsmessung nicht mehr gewährleistet. Hier müssen die Angaben im Messprotokoll mit denen auf dem Dokumentarfoto verglichen werden (siehe Abbildung 2)
  • Häufige Fehler ergeben sich auch beim Verwenden des Leitkegels, wenn dieser überhaupt nicht oder fehlerhaft zum Gerät aufgestellt wird. In einem solchen Fall sind die Beweisfotos nicht länger aussagekräftig, da die Abbildeposition des Fahrzeugs verfälscht sein  und der festgestellte Messwert nicht mehr sicher dem aufgenommenen Fahrzeug zugeordnet werden kann. Auch hier sind die Angaben im Messprotokoll mit denen auf dem Dokumentarfoto zu vergleichen. Das Gleiche gilt für die Überprüfung des Seitenabstandes Geräts zum Fahrbahnrand.
  • Neben den Eichscheinen sind auch die Schulungsnachweise der Polizeibeamten für das spezifisch bei der Messung verwendete Gerät ist genau zu überprüfen.

Sie wurden auf der Autobahn BAB 9 geblitzt? Unsere Verkehrsrechtsexperten schauen sich Ihre Messung vorab an und besprechen mit Ihnen die Erfolgsaussichten sowie das weitere Vorgehen. Anhand der Ihnen von der Bußgeldbehörde Gransee / Brandenburg zur Verfügung gestellten Online – Einsicht kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden.

Mehr Informationen erhalten Sie auch auf: www.geblitzt-auf-der-autobahn.de dem Service der Verkehrsanwälte

Hohe BAK gibt keinen Rückschluss auf Vorsatz für Trunkenheit im Verkehr

Probezeit

In seinem Beschluss vom 16.02.2012 (3 RVs 8/12) hatte das OLG Hamm sich mit dem Straftatbestand der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu beschäftigen. Der Fahrzeugführer eines PKW wird nach § 316 bestraft, wenn er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr fahrtüchtig ist. Für die Annahme der Fahruntüchtigkeit unterscheidet man zwischen absoluter und relativer Fahruntüchtigkeit. Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird ab einem BAK-WeProbezeitrt von 1,1 Promille angenommen. Für eine relative Fahruntüchtigkeit genügt schon ein BAK-Wert von 0,3 Promille, wenn zusätzlich noch alkoholbedingte Ausfallerscheinungen beim Autofahren hinzukommen (z.B. Schlangenlinienfahren).

In diesem Fall wurde die Angeklagte, die bereits wegen mehrfacher Trunkenheitsfahrten vorbestraft war, von der Vorinstanz wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Bei der Angeklagten wurde nach einer Polizeikontrolle eine Blutalkoholkonzentration von 2,39 ‰ festgestellt. Darüber hinaus beleidigte die Angeklagte die Polizeibeamten und versuchte ihre Fahrereigenschaft zu bestreiten.   

Das OLG Hamm hob dennoch nach der Revision der Angeklagten das Urteil auf. Das Gericht kritisierte, dass die Feststellungen zum genauen Tatablauf nicht ausreichend getroffen wurden. So blieb die Frage offen, wann die Angeklagte genau zu trinken begonnen hatte und wie sie ihre eigene Fahrtüchtigkeit zu Zeitpunkt des Fahrtantritts einschätzte. Für die vorsätzliche Verwirklichung der Trunkenheit im Verkehr kommt es entscheidend darauf an, ob der Täter selbst Kenntnis seiner Fahrtuntüchtigkeit hatte. Die vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr könne gerade nicht aus einem hohen Blutalkoholkonzentrationswert geschlossen werden. Ebenso wenig dürfen bei dieser Erwägung etwaige Vorstrafen des Täters eine Rolle spielen. Das Gericht hat vielmehr Feststellungen zur Täterpersönlichkeit und vor allem zum Trinkverlauf zu treffen und gegebenenfalls durch Zeugenbefragung zu ermitteln, ob der Täter schon bei Fahrantritt hätte erkennen können, dass er nicht mehr fahrtüchtig ist.

Bei einem wie hier derart hohen BAK-Wert muss berücksichtigt werden, ob beim Täter nicht schon durch die fortgeschrittene Alkoholisierung die Einschätzungs- und Selbstkritikfähigkeit so weit herabgesetzt war, dass er seine Fahruntüchtigkeit gar nicht mehr erkennen konnte. Darauf deutete auch vorliegend das agressive Verhalten der Angeklagten während der Polizeikontrolle hin. In einem solchen Fall ist dann allenfalls von einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr auszugehen. Das OLG Hamm hob das Urteil daher auf.

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