Wer durch Ausbremsen einen Auffahrunfall provoziert hat keinen Anspruch auf Ersatz seines Schadens nach dem Verkehrsunfall
| Ein Radfahrer, der in einer Spielstraße einen Pkw überholt, schneidet, ausbremst und dadurch einen Auffahrunfall provoziert, muss sich ein anspruchsausschließendes Mitverschulden bei einem Verkehrsunfall im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB vorhalten lassen.
So entschied es das OLG Hamm (8.2.24, 7 U 30/23). Der Senat zog die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht in Zweifel. Er war nach § 286 ZPO davon überzeugt, dass der Kläger den Autofahrer vorsätzlich überholte, schnitt und ausbremste.
Dabei setzt § 286 ZPO nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraussetzt, weil es selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bedarf. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH 12.12.23, VI ZR 76/23).
Vorliegend haben sowohl der beklagte Autofahrer als auch die unbeteiligte Zeugin, diese in Übereinstimmung zu ihrer polizeilichen Aussage von drei Tagen nach dem Unfallereignis, das Überholen, Schneiden und Ausbremsen übereinstimmend, konstant und widerspruchsfrei geschildert. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Zeugin angegeben hat, den nachfolgenden Zusammenstoß nicht gesehen zu haben.
Dabei war das Landgericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auch nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugungsbildung auf eine Parteierklärung des beklagten Autofahrers zu stützen, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist (BGH 6.12.22, VI ZR 168/21, r+s 23, 130 Rn. 19).
Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte – Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner in Berlin und Brandenburg – Er ist spezialisiert im Verkehrsrecht und vertritt seine Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten. Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes im Verkehrsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Seine Schwerpunkte sind:
- Schadenregulierung nach einem Verkehrsunfall
- Verteidigung bei Verkehrsstrafsachen (Trunkenheitsfahrt, Fahrerfluch, Nötigung, Körperverletzungen etc.)
- Verteidigung in Bußgeldverfahren (Geschwindigkeitsverstoß, Rotlichtverstoß, Fahrtenbuchauflage etc.)
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