Verkehrsunfall: Haftung beim Rückwärtsfahren

Diese Pflichten gelten beim Rückwärtsfahren

| Wer mit seinem Fahrzeug rückwärts fährt, muss auf andere Verkehrsteilnehmer ganz besonders achten. Auf die Rückfahrkamera darf man sich beim Rückwärtsfahren nicht verlassen. Das hat das LG Lübeck entschieden. |

Auf dem Parkplatz eines Supermarktes ist viel los. Ein Mann steuert sein Auto geradeaus in Richtung Ausfahrt. Vor ihm parkt ein anderer Fahrer rückwärts aus und schaut dabei auf die Rückfahrkamera. Es kommt zum Zusammenstoß. Der Geradeausfahrende beschuldigt den Rückwärtsfahrenden, plötzlich ausgeparkt und den Zusammenstoß verursacht zu haben. Der Rückwärtsfahrende entgegnet, der Geradeausfahrende sei einfach weitergefahren und an seinem Fahrzeug entlanggeschrammt. Der Geradeausfahrende habe gar nicht bremsen wollen und den Unfall bewusst provoziert.

Das Gericht musste entscheiden, wer den Schaden bezahlen muss und wie viel. Es hat mehrere Zeugen befragt und einen technischen Experten hinzugezogen. Ergebnis: Beide Fahrer treffe eine Schuld.

Der Geradeausfahrende habe einen Fehler gmacht. Er sei etwa 15 km/h schnell gefahren. Auf einem Parkplatz müsse man aber sofort bremsen können. Man dürfe daher nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Aber auch der Ausparkende habe sich nicht richtig verhalten. Er habe nicht die ganze Zeit über die Schulter nach hinten geschaut. Beim Rückwärtsfahren müsse man durchgängig sicherstellen, dass man niemanden gefährdet. Das Anschauen der Rückfahrkamera beim Rückwärtsfahren reiche dafür nicht aus. Den Rückwärtsfahrenden treffe die größere Schuld. Er muss jetzt 2/3 des Schadens bezahlen.

Quelle | Pressemitteilung des LG Lübeck zum Urteil vom 18.7.23, 9 O 113/21

 

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Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten bei Mitverschulden

In einem Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 05.04.2011 (Az.: 22 U 67/09) ging es um die Ersatzfähigkeit von Kosten aus einem Sachverständigengutachten nach einem Verkehrsunfall.panthermedia_04203302

Ein Sachverständigengutachten im Falle eines Verkehrsunfalls dient dazu, Art und Umfang eingetretener Schäden am KfZ feststellen zu lassen und darüber hinaus etwaige Schadenspositionen wie Reparaturkosten oder den Wiederbeschaffungswert eines KfZ zu bestimmen. Hat der Schädiger den Unfall allein verursacht und haftet demnach zu 100 %, dürfte unstreitig sein, dass der Geschädigte auch die Kosten für ein Sachverständigengutachten komplett ersetzt verlangen kann.

In dem Urteil des OLG Frankfurt am Main ging es nun um die Konstellation, dass das Gericht in diesem Fall eine quotenanteilige Haftung des Geschädigten festgestellt hatte. Aus der Sicht des OLG Frankfurt am Main sind aber auch in solchen Fällen der Haftungsverteilung die Kosten für ein Sachverständigengutachten in vollem Umfang zu erstatten.

Diese Ansicht wird nicht von allen obergerichtlichen Instanzen in Deutschland geteilt. So urteilte das OLG Düsseldorf im März 2011 (Az.: 1 U 152/10), dass die Sachverständigenkosten nur anteilig der Haftungsquote erstattungsfähig sind, da es ohne die Mitverantwortung bzw. die Unfallbeteiligung des Geschädigten auch nicht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens gekommen wäre. Dagegen spricht sich nun das OLG Frankfurt am Main, wie schon vorher das OLG Rostock (Az.: 5 U 144/10) und das AG Siegburg (Az.: 111 C 10/10), aus.

Das OLG Frankfurt am Main führt hierzu aus: Bei den Sachverständigenkosten handelt es sich um solche Kosten, die der Schadensfeststellung dienen, also ausschließlich erforderlich sind, um den aufgrund der jeweiligen Haftungsquote erstattungsfähigen Anteil des dem Geschädigten entstandenen Gesamtschadens von dem Schädiger erstattet zu bekommen. Im Gegensatz zu den Reparaturkosten fallen Sachverständigenkosten regelmässig überhaupt nicht an, wenn der Geschädigte den Unfall vollständig selbst verursacht hat…

Der Geschädigte könne auch dann die Sachverständigenkosten in voller Höhe verlangen, wenn er beispielsweise zu 50 % haftet, da diese Kosten auch dann entstehen, wenn der Geschädigte seine anteiligen Schadenspositionen beziffern muss. Ein Sachverständigengutachten dient somit nur der Schadensfeststellung und ist nicht mit den üblichen Schadenspositionen wie den Reparaturkosten vergleichbar.

Aufgrund der Uneinigkeit der Oberlandesgerichte wird eine richtungsweisende Entscheidung des BGH erwartet. Die Sache des OLG Frankfurt am Main ist nunmehr unter dem Aktenzeichen VI ZR 133/11 beim 6. Zivilsenat des BGH anhängig.

(stud. jur. N. Schaeffer)

[info]Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in 10115 Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Fahrverbot u.a.) schnell und unbürokratisch.[/info]

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